Migo und Iroas legen nach
Vor zwei Monaten ist euer Crew-Album erschienen und schon legt ihr nach. Woher nehmt ihr diese enorme Kreativität?
Iroas: Das Crew-Album hat ja Ewigkeiten gebraucht, bis es erschienen ist. Da erlebt man in der Zwischenzeit schon einige Dinge.
Migo: Schreibblockaden kommen bei mir eh nur aus der Konstanz heraus. Ich führe im Moment jedoch ein lustiges unseriöses Leben mit wenig Struktur und viel Adrenalin. Ich kann mich nicht über zu wenig Input beschweren.
Wie überraschend war es für euch tatsächlich auf Platz 1 der Hitparade zu landen?
Migo: Das war ja wohl das Mindeste. Sheesh.
Iroas: Wenn man sich unsere Konzerte anschaut, sollte es eigentlich niemanden überraschen. Trotzdem tat es das. Doof.
Ich habe mich gefreut, aber bis jetzt hat es mir nicht wirklich was gebracht. Ausser ein paar Gespräche über Sellout. Haha.
Wie habt ihr das gefeiert? Es war damals ja noch Coronazeit...
Migo: Es könnte sein, dass wir uns rausgeschlichen und heimlich gefeiert haben.
Iroas: ODER: Wir haben uns mit dem ganzen Rap-Money ein Schloss gemietet, 14 Tage lang darin gefeiert und uns gleichzeitig quarantänisiert.
Inwiefern hat die Pandemie das neue Album beeinflusst?
Migo: Inhaltlich Null, das C-Wort kommt zum Glück nicht vor auf dem Album.
Iroas: Aber wir hatten alle etwas mehr Zeit zur Verfügung als sonst.
Was ist der grosse Unterschied zu «Umverteilig zu üs»?
Migo: Das Album hat eine ganz andere Grundstimmung, nur Buzz-Beats und es behandelt andere Themen. Aber der Hauptunterschied ist ein Organisatorischer: Da wir nur zwei Rapper und ein Produzent sind, mussten wir praktisch nie Kompromisse eingehen und konnten immer unsere Stärken ausspielen. So konnten wir das ganze Albumkonzept mit dieser Zuggleis-Atmosphäre viel stringenter umsetzen.
Iroas: Es ist irgendwie auch weniger kommerziell und lässt textlich tiefer ins Persönliche blicken als bei 15 Personen.
Letzthin sind die Bündner LIV & Geesbeatz ebenfalls hoch gechartet. Wie wichtig ist es für die Rapszene, dass es immer wieder solche Erfolge gibt?
Migo: Guck, schlussendlich sind das nur Stückverkaufszahlen, die da gewertet werden. Die sagen in der Regel etwas über deine Konformität mit dem Zeitgeist und der breiten Masse auf dem Schweizer Musikmarkt und über dein Marketing aus. Ausserdem ist in der Regel dabei nur die erste Verkaufswoche wichtig. Wir wollen Classics machen, uns ist sowas Momentanes nicht so wichtig. Spannend finde ich aber folgendes: Wenn du dann doch mit etwas scheinbar echt Unkonformem in die Hitparade kommst, musst du dich fragen, ob dein Album jetzt wirklich das trojanische Pferd in der Musikanlage von Herrn und Frau Schweizer ist, oder ob vielleicht dein Widerstand gerade zum Unterhaltungsprodukt wurde. Davon handelt auch ein Song auf unserem neuen Album. Kauft es! Haha.
Iroas: Ich finde es aber grundsätzlich super, wenn im Rap die Verkaufszahlen steigen. Die Szene der Schweiz kriegt doch einen Scheiss zurück, für was sie eigentlich leistet. Es gibt so viele Künstler*Innen von denen ich lieber mehr Musik hätte. Was sie aber nur schaffen würden, wenn sie zumindest teilweise davon leben könnten. Auch bei Migo, Buzz und mir ist das Musikmachen ständig von finanziellen Sorgen bedroht.
Hört ihr auch Rap aus Graubünden?
Iroas: Ab und zu, aber ich höre mehr Deutschrap und Rap aus Griechenland.
Migo: Ja, gerade LIV höre ich seit meiner frühen Jugend und «Giacometti» habe ich mir auch gezogen.
Habt ihr das Gefühl, dass das Publikum inzwischen Schweizer Musik bewusster wahrnimmt?
Iroas: Hier kann sicher noch ein grosser Schritt getan werden. Mal schauen wie es sich entwickelt.
Migo: Keine Ahnung, ich will einfach nur flexen. Scur.
Kann man in Zukunft mit weiteren neuen Scheiben aus eurer Küche rechnen?
Migo & Iroas: Aus unserer Ecke kommt noch extrem viel Gutes dieses Jahr.