«Conquer The Dying Sun» im Soundcheck
Bereits in den ersten Sekunden nach dem sehr knapp gehaltenen Drumintro verdeutlichen Divension, dass hier niemand zum Spassen aufgelegt ist. Von Anfang an heavy und ohne Rücksicht auf eine eventuell vorhandene Dramenkurve knüppelt die Truppe angenehm flott durch den Eröffnungstitel «Misguided Youth». Der anfangs fast schon punkig wirkende Drive des Schlagzeugs wird dabei recht abrupt durch den bellenden, teils gedoppelten Gesang untermalt. Spontan erinnert mich das ganze etwas an Unearth. Entspannung fürs Gehör sucht man hier vergebens. Ist auch gut so.
Der Gegensatz könnte mit den ersten Tönen von «Nobody will find you» nicht größer ausfallen. Schön schleppend und mit gekonnt gesetzten Klargesangs-Parts überzeugt dieser Titel auf ganzer Linie. Teils an Swallow The Sun erinnernd steigert sich jedoch ab der gefühlten Mitte auch hier das Tempo ohne dabei den leicht melancholischen Charakter zu verlieren, den die Gitarren weiterhin im Hintergrund zeichnen. Eine gelungene Steigerung. Dem geneigten Hörer gefällts. Ein Titel, der sich sofort einen Platz in meiner Auto-Playlist verdient hat.
Weniger düster, dafür jedoch schön metallisch schwer schleppen sich die ersten Laute von «Face this» durch die Boxen. Auch hier unterstreicht das trashige Schlagzeug den bellenden Gesang und bringt ordentlich Tempo in die Fuhre. Wie aus dem ersten Titel bekannt sorgt auch hier der gedoppelte, teils dialogische Gesang für Abwechslung und verleiht dem Titel weitere Tiefe. Gesamt gesehen ein wenig überraschender Titel, der jedoch technisch solide und mit schönen Riffs daherkommt. Alles wie erwartet.
«Crossroads are Questions» Aha. Ähnlich tiefgreifend kommt auch der Track daher, der sich hinter diesem metapherngeladenen Ungetüm verbirgt. Nach einem verträumten Pianoeinstieg glänzt auch hier der Gesang wieder durch clever gesetzte, klare Elemente zwischen den bereits bekannten Anschrei-Passsagen. Doch auch die erhoffte Härte der Gitarrenriffs fehlt selbstredend nicht und gestaltet ein sehr konträres, aber damit umso spannenderes Gesamtbild. Ein symphytischer Titel, der sich angenehm aus der Masse hervorhebt und für mich definitiv den Replay-Faktor erhöht.
Im bekannten Schema präsentiert sich auch «Escape (From my thoughts)». Treibendes Schlagzeug, sägende Gitarren, bellender Gesang. Ein Titel, der irgendwie bekannt scheint, selbst wenn man ihn zum ersten Mal hört. Aus den vorherigen Titeln übernommene Strukturen beginnen sich hier zu doppeln und lassen den weiteren Aufbau des Liedes bereits beim ersten Hören erahnen. Eigentlich schade. Kein schlechter Titel, aber eben auch nix Weltveränderndes.
Im Gegensatz offenbart sich «Dark Future» mit einer fast schon komplett konträren Charakteristik. Während offenklingende Gitarren den Hintergrund mit einer Schallwand füllen, freut sich der geneigte Hörer über nette Drumpattern und die düstere Grundstimmung der Leadgitarren. Auch auf der stimmlichen Ebene legen die Sarganser Metalfreunde ordentlich vor und glänzen mit einer weitreichenden Bandbreite von Gebrüll bis hin zu sauberem, wiederholt gedoppeltem Klargesang. Für mich eine der Spitzen des Albums.
Auch «Death Inspiration» bahnt sich seinen Weg in die Gehörgänge mit einem düsteren Gitarrensoli in den ersten Sekunden. Ähnlich wie beim vorangegangenen Titel dominiert hier eine melancholische Grundstimmung – die durch einen fragwürdig ausgeübten Schrei jedoch schnell in eine durchaus aggressive klassische Melodic-Death-Kiste umschlägt. Insgesamt ein durchaus hörbarer Titel, der nicht zuletzt durch seinen Stimmungswechsel keine Langeweile aufkommen lässt.
Spacig. «Virtual Flash» beginnt unerwartet, aber im Kontext der Namenswahl des Titels durchaus passen. Bereits nach wenigen Sekunden befinden wir uns wieder in den schon mehrfach gehörten und damit leidlich bekannten Liedstrukturen. Zwar ist auch hier die gesamte Ausführung sehr solide und sowohl instrumental als auch gesangsmässig auf hohem Niveau. Leider verliert dieser Umstand jedoch durch beginnende Monotonie an Bedeutung. Auch hier: Schade eigentlich. In meinen Augen verschenktes Potential.
Weiterhin düster und mit ohrwurmverdächtigen Riffs schliesst sich
«Up from the Grave» an und erinnert mich entfernt an die alten In Flames-Werke. Die bis auf wenige Ausnahmen durchgängig getretene Doublebass verleiht dem Titel in der ersten Hälfte einen angenehmen Drive und fügt sich nahtlos zu den abwechslungsreichen Stimmmustern. Leichtfüssig gestaltet sich auch die letzte Hälfte des Titels, der sich im Gesamten als durchaus gelungen outet. Auch hier steigt der Replay-Drang.
In gewohntem Tempo, jedoch mit deutlich mehr Ohrwurmcharakter präsentiert sich «Distant Soul». Die schnellen Riffs gepaart mit den gut gesetzten Drums machen Spass beim Hören, stellen jedoch wiederholt keine großen Überraschungen bereit. Trotz der schön gezeichneten Melodie und den teils wirklich tollen Klargesangseinlagen hatte ich mir hier mehr erwartet.
«Jigsaw (Hand of Doom)» setzt zur Abwechslung mal ein Basssolo an den Anfang und erzeugt ab den ersten Tönen gute Laune. Während die Gitarren fröhlich vor sich hin sägen, drängen sich mir unweigerlich feuchtfröhliche Kneipenszenen vor mein inneres Auge. Ein spannender Titel in Anbetracht der vormals so häufig melancholisch gezeichneten Tracks. Handwerklich solide und angenehm frisch stellt der vorletzte Titel des Albums eine gelungene Neuerung dar.
…das kommt jetzt irgendwie unerwartet. 13 Minuten und 10 Sekunden zeigt der Audioplayer die gesamte Tracklänge an. «Conquer the dying Sun» stellt somit nicht nur den namensgebenden Titel für das Album dar, sondern auch das längste Lied der Scheibe. Als «Epos» bezeichnen Divension das letzte Stück der CD auf ihrer Website – und dieser Ausdruck ist durchaus passend. Langsam Stimmung aufbauend und durchaus passend gestaltet sich das Gesamtwerk und überzeugt abermals mit gelungenem Instrumental und abwechslungsreichem Gesang. Der Klang von knisterndem Feuer verleiht dem Track an diversen Stellen etwas Mystisches und sorgt in Kombination mit den teils sehr emotionalen Gitarrenriffs für einen fast schon gefühlvollen Gesamteindruck. Ein Lied, das seine Zeit fordert, diese jedoch auch wirklich gut ausfüllt. Ein gelungener Abschlusstrack.
Schlussfazit:
Mitreissende Riffs, gesangliche Abwechslung, solides Instrumentenhandwerk und schön gezeichnete Melodien gehören definitiv zu den Stärken dieses Erstlingswerkes. Nicht zuletzt durch die grosszügige Wanderung über Genregrenzen hinweg lohnt es sich, dieser Platte ein Stück seiner Zeit zu widmen. Insgesamt drängt sich mir jedoch der Eindruck auf, dass jeweils die erste Hälfte von vielen Titeln wirklich gut und einfallsreich ausgearbeitet, in der zweiten Liedhälfte dann jedoch immer wieder auf Schema F zurückgegriffen wurde. Wer sich mit diesem Eindruck anfreunden kann, der wird hier definitiv glücklich. Für mich persönlich stellt dieser Umstand jedoch ein Stück verschenktes Potential dar. Die bunte Mischung aus einigen musikalischen Speerspitzen, aber eben auch viel monoton wirkendem Machwerk befindet sich jedoch insgesamt im guten Bereich der Skala. Schön für den Hintergrund, aber zum bewussten Hören auf Dauer mit Ausnahme einzelner Titel zu geradlinig.