Buchtipp: Holding up the Universe
Ich fand das Buch in einem kleinen englischen Buchladen mit einer noch viel kleineren Jugendbuchabteilung, verliebte mich in Cover und Titel, las den Klappentext und kaufte es. Weil ich es nach dem Lesen unbedingt zum Buchtipp in dieser Kolumne machen wollte, suchte ich im Internet nach der deutschen Übersetzung. Cover und Titel kommen nicht annähernd an das Original heran. Am schlimmsten jedoch ist der deutsche Klappentext. Er ist nichts weniger als ein unverzeihlicher Verrat an der weiblichen Hauptperson und damit auch ein Verrat an der Geschichte, denn während im Original beide Hauptfiguren – Libby Strout und Jack Masselin – gleichwertig und in sackstarken Worten im Klappentext erwähnt werden, kommt Libby im ärgerlich schwachen deutschen Klappentext nur aus der Sicht von Jack vor, der sich überlegen muss, ob er zum übergewichtigen Mädchen stehen kann und will. Aber Holding up the Universe ist keine dieser austauschbaren Geschichten vom hässlichen Entlein, das vom schönen Schwan auserkoren wird. Holding up the Universe ist, wie seine Hauptfiguren, ein Unikat, weit weg von sämtlichen Klischees. Und Holding up the Universe ist nicht zuletzt eins der Bücher, für das ich gerne die Idee gehabt und es geschrieben hätte.
Libby Strout hat mit ihrem horrenden Gewicht traurige Berühmtheit erlangt, doch jetzt, vier Jahre später, ist sie – um viele Kilos leichter, aber immer noch massiv übergewichtig - bereit für die High School, für ein neues Leben. Sie will das Mädchen sein, das alles tun kann. Einfach ist das nicht, doch Libby geht unbeirrbar ihren Weg. Jack Masselin ist der gutaussehende Macker, der tolle Typ, zu cool für diese Schule. Doch hinter seinem Geprotze versteckt er ein Geheimnis, das nicht einmal seine Eltern kennen. Als sich die beiden treffen, verändert sich für sie alles.
Jennifer Niven schreibt die Geschichte abwechselnd aus der Sicht von Libby und Jack, in einer wunderbaren und intensiven Erzählsprache. Voller Gefühle, aber jenseits von Kitsch. Sie findet dafür diese Sätze, die ich so sehr liebe, Worte, die unter die Haut gehen und von dort direkt ins Herz. Beide Hauptfiguren sind gut und stark gezeichnet, für beide trifft Niven genau den richtigen Ton, beiden schaut sie tief in die Seele.
Ich hatte ein wenig Angst, dass die Übersetzung der Geschichte dem Text so wenig gerecht wird wie Cover, Titel und Klappentext, doch zu meiner Erleichterung kann ich Entwarnung geben. Trotzdem: Wenn Ihr Englisch reicht, das Original zu lesen, empfehle ich Ihnen die englische Ausgabe, nur schon, weil sie so viel schöner ist und der Klappentext so viel besser ist. Bei mir ist das Buch unterdessen auf das Regal mit meinen Allzeitlieblingsbüchern gewandert.
Hier die Eckdaten:
Englische Ausgabe: Holding up the Universe
Deutsche Ausgabe: Stell dir vor, dass ich dich liebe
Autorin: Jennifer Niven