«Artem Illusio» im Soundcheck
Da kommt was Böses… Bereits bei den ersten Klängen «Beast» merkt man, dass die Jungs eher von Iron Maiden als von Abba inspiriert wurden. Der Opener schiesst energiegeladen und druckvoll durch die Boxen. Besonders hervorheben möchte ich den Basslauf im Refrain, der im Handumdrehen eine diabolische Atmosphäre zaubert, die einem sofort packt. Der Beelzebub hätte sicher seine wahre Freude an dem Stück, welches einem in der Welt von Artem Illusio willkommen heisst.
Der Hörerschaft wird keine Pause gegönnt. Auch das zweite Stück mit dem Titel «The Temple of my Soul» ist eine Metalnummer, die wenige Wünsche offenlässt. Mir gefällt, dass sie neben der soliden Gitarrenarbeit auch noch kleine, aber feine Studiosounds einfliessen lassen, welche die epische Klangwand der harten Jungs noch zusätzlich ergänzt. Trotz technischer Raffinesse vergisst die Kapelle nie die packenden Melodien, die auch Hörer ausserhalb der Genres begeistern könnten.
«Pharaoh» ist ein Groovemonster wie es im Buche steht. Das eingängige Riff lässt mich sofort meine Devilhorns zücken und auch die unterstützenden Streicher sind nicht von schlechten Eltern. Es ist ein abwechslungsreiches Werk, welches sicher live auch sehr gut funktionieren könnte.
«Forgiven by the sun» ist die erste Ballade, die glücklicherweise nie zu kitschig wird, sondern dank Authentizität unter die Haut geht und kurz vor der zweiten Minute auch noch die nötige Härte erhält. Es wird sogar noch ein wenig «gegrowlt», was in dieser feinen Dossierung sehr gut zum Konzept passt. Überraschend und einfach wunderbar heavy.
«Limits of our Sin» mag ich sehr, da es mich irgendwie an den Klang von Böhse Onkelz erinnert. Das ist mitreissend, fast schon punkig, abwechslungsreich und mit dem richtigen Druck nach vorne. So klingt wohltuende Musik für die Rockerseele.
«Teacher» wird von einer wunderbaren Melodie getragen, die mal mit ziemlich viel Wucht und mal fast unauffällig sanft aus den Membranen huscht. Eindrücklich, welche Höhen der Sänger dieser Band ohne Mühen erreicht und immer noch sauber klingt dabei.
Ein Song, der mein Schlagzeugerherz im Sturm erobert, ist der Videotrack «In Vain». Sehr geil, wie der Drummer hier sich durch den schwerfälligen Track prügelt. Irgendwie hätte ich fast ein wenig Lust wieder mal selber die Sticks in die Hand zu nehmen und auszuprobieren, ob ich das so in diesem Stil noch hinbekommen könnte.
«Widow’s Mirror» hat eine komplexe Rhythmik, schafft es aber die Zuhörerschaft an der Hand zu nehmen und zu den harten Klängen hinzuführen. Auch wenn die Songs von Artem Illusio hin und wieder auf dem Papier ziemlich lange erscheinen, erlebe ich sie als sehr kurzweilig und spannend. Dass es sich lohnt, sich die ganze Dröhnung von ihnen zu geben, zeigt der überraschende Akustikpart ganz am Schluss der CD.
Schlussfazit:
Wenn neue Musik im Rockbereich erscheint, löst sie bei mir häufig eher Desinteresse aus. Mich dünkt es fast ein wenig, dass es nichts mehr zwischen belanglosem Indierock und komplexem Trashmetal gibt, was mich wirklich berührt. Meine Lieblingsbands sind in die Jahre gekommen und trotzdem lösen sie in mir mehr aus als alle anderen, ach so coolen Neuentdeckungen von Musikfachmagazinen. Aber das selbstbetitelte Debütalbum der Band Artem Illusion hat etwas, was mich sofort in den Bann gezogen hat. Irgendwie schafft es die Band aufzuzeigen, dass ich doch weiterhin neue Musik entdecken soll und es durchaus auch eine Alternative gibt. Trotz hartem Sound haben sie Melodien, die mich erreichen und trotz Virtuosität fühle ich mich nie dumm beim Hören ihrer Songs. Diese Band, die übrigens aus Graubünden kommt, hat es geschafft, dass ich meine CD-Sammlung frisch durchmische und als Hörer mal wieder mehr auf handgemachte Rockmusik statt Rapmusik setze. Wenn ihnen das auch bei den jüngeren Hörern gelingt, scheint es doch gar nicht so düster um die Zukunft der Rockmusik zu stehen.