«No-Tell Hotel» im Soundcheck
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«No-Tell Hotel» im Soundcheck

Gleich zu Beginn finden wir uns im namensgebenden «No-Tell Hotel» wieder. In unserem rockigen Einzelapartment mit Meerblick fällt vor allem der knackige Einstieg und die dominanten Gitarren auf. Auch das Schlagzeug macht Spass und hält mit seinem treibenden Grundcharakter die ganze Fuhre in Schwung. Ein Refrain zum Mitsingen wechselt sich mit eingängigen Melodien ab und wird durch die allgemein entspannt rockig gehaltenen Gesangsharmonien über das übliche Bed-and-Breakfast-Niveau gehoben.


Schön rockig und irgendwie fast schon nostalgisch kommt «Evil Twin» daher. Schön gedoppelter Gesang und ein insgesamt mitreissender Aufbau machen Spass, lassen die Haare im Wind wehen und erhöhen den Replay-Faktor. Musikalisch solide und harmonisch ausgeglichen birgt der vorher bereits auf YouTube veröffentlichte Titel jedoch keinerlei weitere Überraschungen.


Kaum hat man sich auf die zügigen Gitarren eingegroovt kommt «Lonesome Road» mit einem akustischen Kontrast daher. Zwar hält dieser im Song nicht lange an, erinnert mich aber nicht zuletzt durch das schön gesetzte Solo eher an ein rockiges Countrystück. Das ist nicht unbedingt negativ zu bewerten, aber kommt irgendwie unerwartet. Der von den Jungs gewohnte Schwung fehlt auch hier nicht und verbreitet gute Laune.


Bereits innerhalb der ersten Minute hat sich «Forever Wild» zu meinem bisherigen Favoriten gemausert. Ein bilderbuchartiger Rocksong inklusive klassischer Steigerung, treibender Rhythmik und angekratztem Gesang lassen dem geneigten Hörer schnell eine 80er-Jahre Lasershow inklusive Kunsteisnebel vorm inneren Auge erscheinen. Ich such mal schnell meine aufblasbare Gitarre – ich hab da so eine Idee...


So weit von dem vorherigen Titel hebt sich das folgende «Saturday» nicht ab. Ein solider Rocksong der Spas macht. Etwas gezügelter, aber mit allen klassischen Elementen – weniger wild, aber mit mehr Sonnenschein. Es ist eines dieser «Das kenn ich doch»-Lieder, die Erinnerungen wachrufen, selbst wenn man den Titel das erste Mal hört.  


Einen weiteren Kontrast läutet «Anytime» ein. Getragen und melancholisch startet somit eine langsamere Rockballade – erwartungsgemäss mit der entsprechenden Portion Schmalz und eingängigen Herzschmerz-Refrains. Hübsch aufgemacht und instrumental wirklich schön ausgewogen überzeugt auch hier ein sehr gut gesetzter Gesang, welcher an der ein oder anderen Stelle choral gedoppelt wurde. Unterm Strich eine klassische Rockballade, die auf keinem Album dieser Machart fehlen darf. Wird leider ohne Sonnenuntergang geliefert. Bitte dazudenken.


Locker leicht und mit eindeutiger Retrokomponente sägt sich das gut gelaunte «The Island» in den Gehörgang. Ein wirklich klassischer Titel, der in der heutigen Zeit irgendwie fast deplatziert wirkt. Das Schlagwort hierbei ist FAST, denn nicht nur die standfeste Machart des Titels überzeugt, sondern vermittelt Urlaubsfeeling und gute Laune. Für ein Grinsen sorgen spätestens die Einwürfe aus karibischer Klangszenerie inklusive Papagei. Klingt nach Speedboot-Fahren, hässlichen Sonnenbrillen und pinken Herrenhemden.


Fast schon ernst wirkt dagegen «My Fate», das sich bereits nach kurzer Zeit als wirklich eingängig und harmonischer offenbart. Toller, aber vorhersehbarer Song, der vor allem mit seiner musikalischen Ausgewogenheit und dem tollen Gesangseinsatz punktet. Ist leider viel zu schnell vorbei gewesen.


Auch «Hand in Hand» spielt in der Kategorie «darf auf keiner Rockplatte fehlen». Man hat fast schon drauf gewartet. Schön umgesetztes Liebeslied im Midtempo und ohne grosse Innovationssprünge – aber die hätten hier auch nix verloren. Der Song geht ins Ohr und bahnt sich dort seinen schmalzigen Weg direkt ins Gedächtnis.


Und wieder sind wir an einem Moment des Kontrastes angekommen. Nach den gefühlvollen Feuerzeugmomenten der vorangegangenen Titel ist’s wieder Zeit zum Haareschütteln und Luftgitarre spielen. «Reaching For The Stars» überzeugt mit sehr eingängigen Gitarrenriffs und einem vorantreibenden Schlagzeug. Eine klassische Rockhymne zum Mitsingen und dran freuen.  

Wieder voll auf der Retroschiene kommt uns auch «Turn To Dust» entgegen. Schön heavy am Anfang gehalten freue ich mich besonders über die schön sägend gesetzten Gitarrenriffs. Auch der Rest der Bandbreite wird restlos ausgenutzt und mit schön harmonischem Gesang untermalt – inklusive schönem Choral in der Bridge. Auch hier gibt’s wieder viel Freude beim Hören.  


Für echte Abwechslung sorgen die Jungs dann noch einmal beim letzten Titel «Outlaw», der an das vorher schon aufgegriffene Countrymotiv anschliesst. Ein absoluter Ohrwurm mit allem was gut und teuer ist. Kurzes Hörspiel am Anfang, Pistolenschüsse, Flüche, schöne Gitarreneinsätze, Zwischenrufe, Solos, Geigen, nett gesetzte Gesangsdopplungen und eine gesamt wirklich überzeugende Dynamik. Wie man sich eben so ein Country-Wild West-Crossover vorstellt – so ein richtig schöner Stereotyp. Hektisch wird die Luftgitarre gegen ein Schaukelpferd getauscht und der Replaybutton gesucht. Auch hier gibt’s wieder viel gute Laune.

Schlussfazit:

Wow, ok, in der Platte ist viel Bewegung. Nachdem wir den Laser gegen eine Luftgitarre, ein Motorboot, wieder die Gitarre und final gegen ein Schaukelpferd getauscht haben sieht’s in der Bude aus, als wäre die Katze Amok gelaufen.


Insgesamt wird das Inventar der Hardrockschiene durch einige kreative Einschübe ganz schön erweitert, aber genau das macht Spass daran. Parallel dazu fehlen keine erwarteten Titel. Solider Gesang, kraftvolle Instrumentalistik, schöner Drive. Das Rad erfinden die Jungs nicht neu – und das braucht es auch nicht. Eine schöne Retroscheibe, die gut ins hier und heute transferiert wurde.

Gesamt hat «No-tell Hotel» viel zu bieten. Rockmusik für alle Gelegenheiten und Tageszeiten. Ein grosses Hotel mit breitem Leistungsspektrum und grossem Hinterhof zum Spielen. Wer auf klassischen Hardrock steht, dem sei diese Scheibe bedingungslos empfohlen!

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