Tobias Jensen: «Ich werde immer spielen!»
Es sei schon mit einem mulmigen Gefühl verbunden aktuell Konzerte zu spielen, sagt der Ostschweizer Musiker Tobias Jensen. «Die momentan hohen Infektionszahlen geben da natürlich einen bitteren Beigeschmack. Das sind ja teilweise meine besten Freunde und Familie, die an die Konzerte kommen.» Und doch sei er Musiker, der mit den Auftritten seinen Unterhalt finanziere und die Lokale in denen er auftrete, seien super vorbereitet. «Die Schutzkonzepte überzeugen mich und ich glaube, dass die Veranstaltungen, die gemäss den aktuell geltenden Regeln durchgeführt werden, sicher sind.» Es sei wichtig jetzt zu zeigen, dass es immer noch gehe, sagt der Ostschweizer. «Meine akustischen Singer/Songwriter-Konzerte sind ja ohnehin eher im intimen und andächtigen Rahmen. Zudem glaube ich, dass die Musik in dieser teils bedrückenden Zeit wichtiger ist denn je.» Jensen würde auch auftreten, wenn auch nur 10 Personen zusehen würden. «Wie meine Mitmusiker, Techniker und ich dann noch finanziell über die Runden kommen sollen, ist dann eine andere Frage. Aber ich werde immer spielen, egal was kommt.»
Schwerelos, melancholisch, verträumt.
Er erinnere sich noch gut, wie er ursprünglich zur Musik gefunden habe. «Als ich noch Schüler war, wurde mir eine Hauptrolle in einem Theaterstück zugeteilt. Da musste ich auch vor Publikum singen und erhielt grossen Applaus und Zuspruch dafür. Das war das erste Mal in meinem Leben, dass ich dachte; «Vielleicht taugt meine Stimme ja etwas.» Das war vor 20 Jahren. Einige Jahre danach, gründete sich an meiner Schule eine Band. Als sie auf der Suche nach einem Sänger waren, lud ich mich kurzerhand selbst ein und von da an gab es kein Halten mehr. Die Musik hat mich in all den Jahren nie mehr losgelassen.» Trotzdem sollten doch noch ein paar Jahre vergehen, bis zum SRF3 Best Talent. «Mit 23 find ich an, in einem Musikstudio in Zürich zu arbeiten und seit 4 Jahren lebe ich als selbständiger Musiker nur noch von meiner eigenen Musik und einigen Gelegenheitsjobs.» Er verliere nicht die Hoffnung, auch wenn Corona alles auf den Kopf gestellt habe. «Das Jahr 2020 ist in der Kulturbranche wohl an niemandem Spurlos vorbeigegangen - aber wenn wir auch das irgendwie schaffen, dann komme was wolle.» Seine Musik habe aber schon vor der Krise einen traurigen Anstrich gehabt. «Am besten lässt sich meine Musik mit den folgenden Adjektiven beschreiben: schwerelos, melancholisch, verträumt. Für mich fühlt es sich an, wie eine Velofahrt am Stadtrand an einem Spätsommerabend oder wie eine Welle, die sanft über einen hereinbricht.»
Mit neuer Musik unterwegs
Kürzlich veröffentlichte der 31-Jährige seine neue EP «Night Shift». Diese sei auf grosses Echo gestossen. «Die Reaktionen sind völlig überwältigend. Inzwischen habe ich weit über 200 Nachrichten erhalten und täglich kommen neue dazu. Teilweise von Leuten, die ich nicht kenne oder die ich seit über 10-20 Jahren nicht mehr gesehen habe. Da waren wirklich schöne Nachrichten dabei und ich habe mich über alle sehr gefreut, auch wenn ich zeitweise mit dem beantworten nicht mehr nachkomme.» Es sei schön zu sehen, dass sich der ganze Prozess gelohnt habe. «Ich habe lange genug alleine im Dunkeln gesessen und an Songs und Sounds geschraubt. Dass nun etwas zurückkommt, fühlt sich unglaublich gut und erfüllend an.» Einen wichtigen Anteil an der breiten Streuung seiner neuen Lieder habe sicher die Auszeichnung als SRF3 Best Talent. «Das hören dann halt wirklich unglaublich viele Leute auf einmal. Ich bin gespannt, ob sich das für den nächsten Sommer in Live-Konzerte ummünzen lässt, denn das ist aufgrund der sinkenden CD-Verkäufe nach wie vor die wichtigste Einnahmequelle.» Bisher habe er sogar ein paar Termine im nächsten Jahr, beispielsweise am Openair St. Gallen und er hoffe sehr, dass alle auch stattfinden können.