Privileg
Bild/Illu/Video: Mariann Hasler

Privileg

An diesen Tagen geht Peter morgens um sieben Uhr aus dem Haus und kommt zum Nachtessen wieder zurück. Für andere ist das Alltag, ich weiss, für uns eine Umstellung. Seit der Gründung unserer Partnerschaft vor bald zwei Jahrzehnten, sehen wir uns sicher zum Mittagessen oder er macht zwischendurch einen Halt zu Hause. Wenn ich Hilfe brauche ist er immer zur Stelle. Stand ich beispielsweise mit defekten Auto vor dem Bahnübergang, wählte ich seine Nummer und er rettete mich aus der misslichen Lage.

Natürlich kann ich dem Ganzen auch Gutes abgewinnen. Vor allem seither:


Am Wochenende stand ein Tag im Skigebiet auf unserem Familien-Programm. Der Nebel verdeckte die Sonne und die Biese blies einem um die Ohren. Trotzdem war viel los, aber eben es war bitterkalt. Kurz vor zwölf plagte uns der Hunger und die Kälte. Unser Hund hat beinahe Eiszapfen an der Schnauze. Logisch das Restaurant war schon voll. Im Vorraum, in den Gängen, überall standen Leute. Hungrige Kinder mit ebenso hungrigen und dazu genervten Eltern. Das Servicepersonal versuchte mit vollbeladenen Tablaren ohne Schaden von der Küche zu den Gästen und wieder zurück zukommen. Peter blieb optimistisch, ich weniger.  Vor allem musste ich mit dem Hund hier weg. Ich schlängelte mich zum Ausgang durch, ging die hundert Meter zum Parkplatz und «versorgte» Josh in unserem Bus.


Der kurze Marsch tat mir gut, ich war wieder einigermassen aufgewärmt.

 
Trotz der eisiger Kälte sassen die hungrigen Gäste mittlerweile sogar auf der Terrasse. Im Restaurant war die Hektik ungebrochen. Ich schaute mich um. Aussichtslos, in nützlicher Frist einen Tisch zu ergattern. Ich ging in die Richtung, die der Rest meiner Familie zuvor eingeschlagen hatte. Vor dem Kiosk bildete sich eine lange Kolonne, auch im hinteren Teil schien alles voll zu sein. Ich ging weiter, eine kleine Hoffnung oder eher einen Verdacht hatte ich nämlich.  Dieser bestätigte sich auch gleich. Bereits mit Essen und Getränken versorgt, sassen sie am Tisch des Personals. Was für ein Glück! Wie gut ich das auf einmal fand, einen «Bähnler» in der Familie zu haben. Ich setzte mich dazu und bekam ziemlich schnell das Menu serviert. Das Essen wärmte und ich war in bester Laune. Gerne hätte ich noch einen Kaffee getrunken, aber wir mussten Platz machen. Schliesslich sollte ein solches Privileg nicht überstrapaziert werden und sowieso kamen die Skilehrer:innen in ihre wohlverdiente Mittagspause.

Themenverwandte Artikel

Frischi Frücht
Bild/Illu/Video: Mariann Hasler

Frischi Frücht

In den Schuhen meiner Mutter
Bild/Illu/Video: Mariann Hasler

In den Schuhen meiner Mutter

Empfohlene Artikel