Privileg
An diesen Tagen geht Peter morgens um sieben Uhr aus dem Haus und kommt zum Nachtessen
wieder zurück. Für andere ist das Alltag, ich weiss, für uns eine Umstellung. Seit
der Gründung unserer Partnerschaft vor bald zwei Jahrzehnten, sehen wir uns
sicher zum Mittagessen oder er macht zwischendurch einen Halt zu Hause. Wenn
ich Hilfe brauche ist er immer zur Stelle. Stand ich beispielsweise mit
defekten Auto vor dem Bahnübergang, wählte ich seine Nummer und er rettete mich
aus der misslichen Lage.
Natürlich kann ich dem Ganzen auch Gutes abgewinnen. Vor allem seither:
Am Wochenende stand ein Tag im Skigebiet auf unserem Familien-Programm. Der Nebel verdeckte die Sonne und die Biese blies einem um die Ohren. Trotzdem war viel los, aber eben es war bitterkalt. Kurz vor zwölf plagte uns der Hunger und die Kälte. Unser Hund hat beinahe Eiszapfen an der Schnauze. Logisch das Restaurant war schon voll. Im Vorraum, in den Gängen, überall standen Leute. Hungrige Kinder mit ebenso hungrigen und dazu genervten Eltern. Das Servicepersonal versuchte mit vollbeladenen Tablaren ohne Schaden von der Küche zu den Gästen und wieder zurück zukommen. Peter blieb optimistisch, ich weniger. Vor allem musste ich mit dem Hund hier weg. Ich schlängelte mich zum Ausgang durch, ging die hundert Meter zum Parkplatz und «versorgte» Josh in unserem Bus.
Der kurze Marsch tat mir gut, ich war wieder einigermassen aufgewärmt.
Trotz der eisiger Kälte sassen die hungrigen Gäste mittlerweile sogar auf der
Terrasse. Im Restaurant war die Hektik ungebrochen. Ich schaute mich um. Aussichtslos,
in nützlicher Frist einen Tisch zu ergattern. Ich ging in die Richtung, die der
Rest meiner Familie zuvor eingeschlagen hatte. Vor dem Kiosk bildete sich eine
lange Kolonne, auch im hinteren Teil schien alles voll zu sein. Ich ging
weiter, eine kleine Hoffnung oder eher einen Verdacht hatte ich nämlich. Dieser bestätigte sich auch gleich. Bereits
mit Essen und Getränken versorgt, sassen sie am Tisch des Personals. Was für
ein Glück! Wie gut ich das auf einmal fand, einen «Bähnler» in der Familie zu
haben. Ich setzte mich dazu und bekam ziemlich schnell das Menu serviert. Das
Essen wärmte und ich war in bester Laune. Gerne hätte ich noch einen Kaffee
getrunken, aber wir mussten Platz machen. Schliesslich sollte ein solches
Privileg nicht überstrapaziert werden und sowieso kamen die Skilehrer:innen in
ihre wohlverdiente Mittagspause.