Bild/Illu/Video: Christian Imhof

Müslüm und seine dramtürkische Odyssee

Eigentlich kennt man Müslüm als den humoristischen Popstar, der mit Hits wie «Süpervitamin» oder «La Bambele» regelmässig grosse Hallen füllt und Schwung in jede Party bringt… Doch mit seinem neuen Programm geht der Künstler neue Wege, was schon die minimalistische Bühnendekoration gezeigt hat. Statt seiner grossen Band im Rücken, nahm einzig der virtuose Gitarrist Raphael Jakob neben ihm Platz und die spannende Reise durch das Universum des bekanntesten Schweizer Immigranten konnte beginnen.


Ein Zellenkollektiv statt ein Ich
Sehr philosophische Gedankengänge waren es die Müslüm in den Raum stellte und doch erklärte er mit einem Schmunzeln auf den Lippen, dass er nicht gekommen sei, um einen auf türkischen Jesus zu machen. In der Schweiz sei es oft leider so, dass wir das Göttliche, welches irgendwie zwar immer da sei, mit viel Einsatz zerreden. Dies stimme ihn nachdenklich, denn hin und wieder dürfe man auch einfach mal geniessen und wie sein Vater damals auf alles mit «Isch scho guet» antworten. Vieles auf der Welt sei temporär und es habe ja schon der erste Philosoph gesagt, dass es klar sei, dass eben gar nichts klar sei. Ausserdem erläuterte der Komiker pointenreich, dass jede Person eigentlich ein Zellenkollektiv und nicht ein Ich sei, weshalb man bei der nächsten Schlägerei im «Ghetto» von Mels durchaus erwähnen dürfe, dass man sich besser nicht mit «uns» anlege.


Flieg Shaqiri, flieg

Im zweiten Teil des zweistündigen Programms bekam vor allem die Fussballnationalmannschaft der Schweiz viel Platz und definitiv auch ihr Fett weg. Müslüm sagte zum Thema Hymnensingen, dass dies bei den Immigranten nicht wirklich auf Anklang stossen könne, da er noch nie einen Ausländer erlebt habe, der gerne «im Morgenrot daher trete». Ausserdem hätte man den Kosovaren doch besser mal das Skispringen nähergebracht, da sie dort mit ihren Doppeladlern allen anderen Mitstreiter locker davonfliegen würden. Auch sonst verstehe er viele Dinge heute nicht so wirklich. Wieso dass es in der Schweiz so viele Hobbypolizisten gebe und weshalb die Gesellschaft nicht wirklich gesellig sei, stimme ihn hin traurig.


Mit Klamauk und Musik Corona ausgeblendet

Es waren diese Geschichten, die so wunderbar nahe am echten Leben angesiedelt sind, die beim bunt durchmischten Publikum für viele Lacher sorgten. Zusammen mit ein paar neuen amüsanten Eigenkompositionen, sowie einer Hand voll Covers sorgten Müslüm damit für eine stimmige und sehr unterhaltsame Vorstellung. Das neue Programm regt definitiv zum Nachdenken an und baut auch sicher bei vielen im Unterbewusstsein ein paar veraltete Vorurteile ab. Auch wenn alle im Publikum eine Maske trugen und der Künstler komplett auf seine grossen Hits verzichtete, fehlte an diesem Abend nichts im alten Kino Mels. Das lokale Publikum befolgte die Sicherheitsvorkehrungen ohne Murren. Es zeigte so, dass man als Qulturbegeisterte flexibel bleiben und auch mit Maske vor dem Gesicht eine gute Zeit mit Gleichgesinnten verbringen kann. Dies ist sicher auch Balsam für die Seelen der zahlreichen freiwilligen Helfer im Hintergrund, die mit ihrem leidenschaftlichen Einsatz für eine unkomplizierte Abwicklung und zugleich eine familiäre Atmosphäre sorgten. Auch wenn Corona sich immer weiter ausbreitet, bannt sich die Qultur hier gerade neue Wege, die immer einfacher begehbar werden, je mehr Leute mitmachen.  

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