Jar's «Love Rocket» im Soundcheck
«Break Your Chains» beginnt mit einem wummernden Bass, ein paar Offbeat-Gitarren und viel Sommerfeeling. Schon beim ersten Song fällt auf, dass der Sänger der Band eine nicht gerade alltägliche Reggae-Stimme hat, was sehr erfrischend klingt.
«Green Tree» ist sehr viel schwungvoller als das vorgängige Lied. Die repetitive Melodie schafft eine Atmosphäre, die zum Tanzen einlädt und mich bereits jetzt auf die Openairs im Sommer beamt. Die solide Gitarrenarbeit und die ziemlich fetten Fill-Ins vom Drummer lassen Freude aufkommen.
«Spaceport9» trägt eine sehr amüsierende Note mit sich und zaubert einem sofort ein Lächeln auf die Lippen. Auf dem Lied voller positiver Vibes erzählt der Sänger ein wenig aus seinem Leben und seine Kollegen sorgen im Hintergrund für Unterhaltung durch Imitation von «Space»-Geräuschen. Richtig cool ist der Chorteil, bei dem der Titel des Albums skandiert wird. Grandios!
Von den ersten Klängen an, hat mich das Lied «Turn down low» sofort gepackt. Denn hier schwingt eine gewisse Melancholie mit. Oft ist die ständige, gute Laune der Musiker für mich ein Hindernis mehr Scheiben aus diesem Genre zu konsumieren. Aber hier wird das ganze Spektrum des Lebens abgedeckt und auch traurigere Klänge finden Platz, was mir sehr zusagt. Ganz grosses Kino ist hier sicher das Gitarrensolo, welches sehr an Carlos Santana erinnert.
«Live free» erinnert mich ein wenig an «Stir it up» von Bob Marley, hat aber durch die schmachtende Stimme des Sängers eine ganz eigene Fussnote. Das Orgelsolo sorgt für Gänsehautmomente und auch sonst ist dies hier eine ziemlich stimmige, zurückgelehnte Reggaenummer.
«By my side» ist die bisher schnellste Nummer auf der Platte und wäre auch als Soundtrack für sportliche Aktivitäten ziemlich gut geeignet. Das verträumte Liebeslied zeigt kurz zusammengefasst, wo die Stärken der Band «Jar» liegen, denn das Zusammenspiel auf höchst musikalischem Niveau vermittelt eine Spielfreude, die sehr ansteckend wirkt.
Zum Start von «Casanova» steht der ziemlich tighte Drummer im Fokus, der auf diesem Album einen ziemlich virtuosen und doch punktgenauen Job abliefert. Was folgt, ist ein Porträt des Titelhelden, welches lustig ist, aber auch gewisse Schwächen aufweist… Denn hier singt neben dem grandiosen Leadsänger hin und wieder auch einer der Musiker rein, was dann nicht ganz so toll klingt.
«Treasure» schüttelt sich richtig aus den Boxen und fährt sofort in die Beine. Der Basslauf in der Strophe erzählt eine einzigartige Geschichte, die mich hellhörig werden lässt. Eine bärenstarke Nummer, welche durch Facettenreichtum immer wieder zu überraschen vermag.
«Guiding Light» ist ein Liebeslied der anderen Art und überzeugt durch romantische Metaphern und schönen Melodien. Passend zum Valentinstag eine ziemlich gelungenes Stück Offbeat-Musik.
«Lazy Sunday» erinnert mich komischerweise ein wenig an Polo Hofer, welcher auf einigen Alben von sich, solche fremden Klänge in seine Musik einfliessen liess. Dieses Stück hier ist ein ziemlich erfrischendes, auch ziemlich gut rockendes. Cool!
«Hey you» ist fast schon Ska und bleibt durch den titelgebenden Ausruf ziemlich direkt im Ohr hängen. Hey Jar, dieses Lied geht so richtig ab!
Ziemlich entspannt und entschleunigt groovt das Stück «Flawless» aus den Boxen. Auch dies ist ein Liebeslied, welches sofort ins Herz geht. Vor allem der Refrain ist sehr mitsingbar und wird diese Nummer live zu einem Spektakel machen.
Doch ganz so ruhig wollte die Band ihr Album dann doch nicht abschliessen. «Shake me up» ist ein echtes Brett mit viel Druck nach vorne. Erstmals hört man auch ein paar «Woooohhh»-Chöre die zum mitjohlen einladen und sehr zu gefallen vermögen. Der Zwischenteil ganz am Schluss ist experimentell, würde auch auf einer Rockscheibe sehr gut funktionieren und zeigt, dass die Band ziemlich offen für neue Ideen und Inputs ist.
Schlussfazit:
Da es schon viel zu lange kalt ist, kommt das neue Album «Love Rocket» von Jar gerade goldrichtig. Es entführt die Hörerschaft in die Wärme und spendet durch eine jugendlich verspielte Atmosphäre sehr viel Freude. Die Band hat grosse Lust ihre Geschichten zu erzählen und zu zeigen, dass der Kanton Thurgau zu Unrecht oft nur belächelt wird, wenn es um Musik von dort geht. Ihr Zusammenspiel ist süffig, ihre Musikalität grandios und vor allem für mich als «Nicht-Reggae-Hörer» ist es irgendwie wichtig, dass sie zeigen, wie viel mehr dieses Genre zu bieten hat, wenn man sich als Band nicht in Schubladen versteckt und mit offenem Herzen durchs Leben geht. Jetzt kann der Frühling endlich kommen.