Entscheidung
Ich öffne meine Augen. Mein Kopf schmerzt. Wo bin ich? Es ist dunkel.
Ich öffne meine Ohren. Mein Kopf hämmert. Ich bin in einem kleinen Raum. Es ist stockdunkel.
Ich öffne meinen Mund. Mein Kopf verstummt. Ich bin in einem sehr kleinen Raum. Ich bin nicht alleine.
Sie beginnen zu reden, durcheinander. Ob es drei oder sieben Personen sind? Ich weiss es nicht.
Eine vertraute Stimme flüstert: «Es ist, wie es ist.» Eine etwas ältere Frau fordert: «Verlasse ihn, er wird dich immer wieder betrügen!». Stille.
Eine junge Dame summt «die Liebe ist ein seltsames Spiel». Ich muss grinsen und fühle mich in meine Jugend zurückversetzt.
«Was ist das, die Liebe?», fragt ein kleines Mädchen. «Liebe ist der Tanz zweier Herzen, mal aufeinander zu, mal sich entfernend. Ein unsichtbarer Faden zwischen den zwei Menschen, der das Band der Liebe knüpft», erklärt eine reife Frau in sanften Worten.
Zwei Lichter gehen an. Ich befinde mich in einem Aufzug. Ich bin alleine.
Und, ich erinnere mich.
Auf wen soll ich hören? Das von reiner Liebe erfüllte Mädchen, das ich war? Mein pubertierendes Ich, auf der Suche nach wahrer Liebe? Oder auf die weisen Worte der Liebe im Herzen tragenden Greisin, die ich mal sein werde?
«Es ist, wie es ist», sagt die verletzte und betrogene Mitvierzigerin, die ich bin.
Die Lifttür öffnet sich und ich drücke die Klingel der gegenüberliegenden Tür.