Bild/Illu/Video: Sandra Peters

Mit Achtsamkeit gegen die Langeweile

Das ist die eine Seite der Medaille. Schauen wir uns die andere Seite an, dann hat die aktuelle Situation auch einige Vorteile zu bieten. Da viele Geschäfte geschlossen haben, brauchen wir nicht mehr von einem Laden zum nächsten rennen, um noch alle Einkäufe unterzubekommen. Termine ausser Haus wählen wir viel bewusster danach aus, ob sie dringend oder aufschiebbar sind. Klar verbringen wir die meisten von uns aktuell viel mehr Zeit mit den Kindern als vorher und sicherlich kommt dir der Satz:  «Mama, was machen wir jetzt, mir ist langweilig» bekannt vor. Willst du wissen, wie meine Mama-Worte in der Regel ausfallen? Das hört sich ungefähr so an: «Was ihr macht weiss ich nicht, aber ich mache jetzt zum Beispiel Mittagessen, ich putze gerade das Bad, ich staubsauge …..» Meistens dauert es dann nicht lange, bis meinen Kids einfällt, womit sie jetzt gerne spielen möchten. Und falls ihnen nichts besseres einfällt, oder sie gerne Zeit mit mir verbringen möchten, dann wollen sie mir helfen.


Was das mit Achtsamkeit zu tun hat, fragst du dich?

Nun, ich denke man braucht ein gewisses Mass an «Langeweile», um herauszufinden, was man in diesem Moment gerade braucht. Da wir aktuell mehr freie Zeit als jemals zuvor haben, weisen uns Kinder mit ihrem Mama-mir-ist-langweilig-Satz darauf hin, dass es nun darum geht, achtsam mit dem Moment umzugehen. Wie das im Alltag mit Kindern gelingen kann, möchte ich anhand einiger Beispiele aus unserem Familienalltag beschreiben.


Bei jedem Spaziergang ist bei uns die Kamera mit dabei. Manchmal nimmt jedes Kind seine eigene mit, manchmal ist es mein Fotoapparat inklusive der Tasche mit den Objektiven, doch oft ist es auch einfach nur das Smartphone mit integrierter Kamera. Der Blick durch die Kamera fokussiert uns ganz automatisch. Der Sucher stellt sich scharf, wenn wir kurz innehalten. Das hat etwas von Mediation, von ungeteilter Aufmerksamkeit. Beim Fotografieren wählen wir ein Thema aus, das uns vor die Linse kommt, beim Meditieren tauchen Themen aus dem Inneren auf.


Auch aus dem Händewaschen nach dem Spaziergang können wir eine kleine Achtsamkeitsübung machen. Wir schauen genau hin, wie weit wir den Hebel des Wasserhahns aufdrehen, wie stark der Schwall ist, der herausläuft. Wir riechen an der Seife und schauen der Entwicklung der Seifenblasen zu. Meine Kinder schauen hier ganz genau, wer wohl heute die schönsten und grössten Schaumblasen machen kann. Wir fühlen die Temperatur und wie sich das Wasser auf den Händen anfühlt, wenn es erst warm und dann kalt wird. Mit Achtsamkeit schafft es nun auch unser Dreijähriger spielend 30 Sekunden lang Hände zu waschen.


Mindestens einmal in der Woche gibt es bei uns ein Mittagessen plus. Beide Kinder lieben es, da sie es witzig finden und das Plus ist die Achtsamkeit, die sinnliche Wahrnehmung des Essens. An diesem Tag darf alles geschlürft werden was im Teller ist oder mit den Händen gegessen werden. Sie sind völlig bei der Sache, wenn sie mir genau beschreiben, wie genau die Nudeln, Kartoffeln von der Konsistenz her sind oder in welche Geschmacksrichtung die Sosse geht, was eventuell an Gewürzen mit dabei ist heute. Beim Dessert darf man auch mal die Augen verbinden und den anderen füttern. Schmeckt man die Mango oder wird dann aus einem Apfel eine Kiwi?


Für uns Eltern ist das schönste Achtsamkeitsritual am Abend. Hier liegt unser Kleinster in seinem Bettchen und seine große Schwester schaut mit ihm gemeinsam ein Bilderbuch an. Danach singt sie ihm das Lied «La-Li-Lu, nur der Mann im Mond schaut zu …» vor. Anschliessend lassen wir gemeinsam nochmal den Tag Revue passieren und jeder erzählt seinen schönsten Moment des Tages. Ich bin immer wieder erstaunt, worauf die Kinder über Tag geachtet haben und dass auch der Dreijährige das schon so gut ausdrücken kann. Danach schläft er meistens schnell und mit einem Lächeln auf den Lippen ein. Unsere Siebenjährige schreibt abends noch gerne in ihr Achtsamkeitstagebuch für Kinder, das mit Fragen anregt über den Tag nachzudenken und Worte dafür zu finden.


Ja, wir können viel lernen von unseren Kindern, wenn wir die Bedürfnisse hinter ihren Worten hören. Was sie brauchen tut auch uns als Mama oder Papa gut. Vielleicht waren ja ein paar Achtsamkeitsideen dabei, die gut reinpassen in deinen Alltag. Ich wünsche euch viel Freude und Spass dabei.

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