Urchiges Spektakel in Seewis
Der Samstag startete regnerisch. Früh morgens war noch nicht so viel los. Vereinzelte Regenschirmpärchen schlenderten an den über 50 Marktständen im Zentrum entlang, während die Besucherzahl mit fortschreitendem Uhrzeiger zunahm. Trotz Dauerregen. Die Stände säumten die ganze Länge der Schlossstrasse, und hörte unterhalb des Schlosses auf, welches heute als Gemeinde- und Schulhaus genutzt wird.
Die Stände präsentierten Käse von den verschiedenen Prättigauer Alpen, den man natürlich kosten durfte, Schnäpse, Konfitüren, Selbstgestricktes und «Glismets», Arvenholzkissen, Selbstgebasteltes, Gestecke, Kränze, diverse Floristik, Stirnbänder und Taschen aus Schafwolle und Leder, Filzhüte, Honig aus eigener Imkerei und so weiter.
Hinter einem der Stände sass eine Frau mit ihrer «Lismig» zwischen mehreren Dutzend Pullovern und Pollundern, und an der Seite hingen ihre Stirnbänder, die ich trotz des Labels «Handgemacht» ziemlich teuer fand. Plötzlich nahm sie ihr kleines Spinnrad unter dem Tisch hervor und zeigte es mir. «Ich spinne die Wolle selber, doch heute ist das Wetter einfach zu feucht.» Sagte sie, während ich meine Meinung über das überteuerte Stirnband in Windeseile änderte.
Vieles, man könnte sagen, das Meiste der Stände wurde selbstgemacht und ist regional. Und überall durfte man probieren.
Wer einen Käse vergessen hatte, konnte die Runde in der Turnhalle drehen, wo nochmals all die verschiedenen Käse der prättigauer Alpen in kleinen Stückchen auf der Bühne auf einem warteten. Die Käse Degustation, eins meiner Highlights. 15 verschiedene Alpkäse durfte man probieren, während man mit einem Zettelchen und einem Stift von einem zum anderen ging. Zum Schluss wertete man für sich aus, welche drei einem am besten geschmeckt hatten und warf dann den ausgefüllten Zettel in eine Urne. Gewonnen hat dieses Jahr die Alp Mäder in Küblis, mit dem Senn Philipp Abt. Auf dem zweiten Platz liegt Ascharina mit Anna Andrea Willi und auf Rang drei die einheimische Alp Vals mit dem Senn Peter Schneider.
So kam kaum Hunger auf, und wenn doch, konnte man sich im riesigen Festzelt auf dem Turnplatz verköstigen, wo am Samstagabend auch Musik von der Band volXpop spielte.
Am Mittag ging kurz die Sonne auf. Zum perfekten Zeitpunkt für den Alpabzug. Die getschäppelten Kühe wurden neben den Ziegen und Schafen ins Dorf getrieben, wobei niemand anderes ihnen die Show stahl. Jeder wollte das Spektakel sehen, wie die wunderhübsch mit Blumen geschmückten Kühe vor der Kulisse des Schesaplanas durchs Dorf zogen. Am Sonntag dann, wurde die Miss Rinder-Spektakel und die Alpkönigin ausgesucht und gekrönt.
Auch die Kinder kamen nicht zu kurz. Weil es regnete, konnte zwar der Kinderspielplatz im Heu nicht aufgebaut werden, dafür konnten die Kleinen selbstgemachtes Stockbrot am offenen Feuer bräteln, auf einem hohen Pferd ein Trekking machen oder sich die süssen kleinen Lämmchen auf der Wiese Saglianes ansehen. Zurück ins Dorf ging es dann mit einem kleinen Zug, welcher die Gäste des Spektakels hin und her chauffierte.
Am Sonntag- es regnete glücklicherweise nicht mehr- fand mein persönliches Highlight statt. Das Alpenbarttreffen. Dabei wurde der schönste «Vollbart naturale international» und der «Vollbart naturale Älpler» gekürt. Die meisten der Teilnehmer waren schonmal dabei, und haben schon einmal gewonnen. Was man gewinnen konnte, und wer schlussendlich gewonnen hat, habe ich ganz einfach verpasst. Die grauen und braunen Bärte hingen teilweise bis zum Bauchnabel runter, waren auch ohne Gel oder Haarspray gepflegt und einfach fantastisch anzusehen. Jeder angemeldete Bartträger wurde auf die Bühne zu einer Bart-Jury gerufen, welche nach Begutachten des Bartes ihre Punkte abgab. Manch ein urchiger Bärtler liess einen Spruch laufen. Zum Beispiel: «Ein Mann ohne Bart ist wie ein Brot ohne Rinde, eines, das noch nicht fertig gebacken ist.»
Eine Punktevergabe, die amüsant und von manchem Barträger sehr ernst anzusehen war.
Am Mittag fand dann der zweite Alpabzug statt. Diesmal waren die Kinder dran. Die Mädchen waren herzig mit Blumenkränzen geschmückt, die Buben mit ihren «Kuttäli», ein paar führten Kälber oder eine Geiss am Strick. Dieser Umzug war leider viel zu früh vorbei, denn es machten nicht viele Kinder mit. Was ich ein wenig schade fand.
Auswertige bekommen ein Bild dafür, wie es in den Dörfern des Tals aussieht, wie die typische Kost schmeckt und was alles hier produziert wird. Das Alp Spektakel bietet besonders auch für Reisende und Besucher aus aller Welt einen wertvollen Einblick in das Alpenleben.
Alles in allem ein gelungenes Alp Spektakel, trotz des schlechten Wetters am Samstag. Es wurde so viel geboten, dass es kaum möglich war überall dabei zu sein. Ein Besuch im nächsten Jahr lohnt sich auf jeden Fall.