Tawnee veröffentlichen «Are you entertained?»
Thematisch hat sich die Band auf «are you entertained?» das ursprünglichste und scheinbar simpelste aller Ziele auferlegt: Die Zuhörer:innen zu unterhalten und Emotionen auszulösen.
Die ersten Reaktionen auf die zwölf Songs seien durchs Band sehr gut, sagt Frontmann Andrea Frey. «Wir waren überrascht und haben uns gleichermassen darüber gefreut, wie viele Leute scheinbar das ganze Album am Releasetag an einem Stück durchgehört und sich ernsthaft damit auseinandergesetzt haben.» Das sei heutzutage nicht mehr selbstverständlich. «Da seit der Überhandnahme des Streamings viel stärker auf einzelne Songs fokussiert wird. Mit dem Format Album sind wir ja eigentlich völlig verstaubt und veraltet unterwegs.»
Brennpunkt Klimawandel
Der Exil-Davoser sagt, dass viele der Zuhörer:innen von der Härte und Energie der neuen Lieder positiv überrascht seien. Doch auch die andere Seite der Hörerschaft kommt bei Tawnee zum Zug. «Viele zeigen sich natürlich gerade von den ruhigeren und tiefgründigen Songs wie 'Mother' berührt. Schön ist, dass sich viele Zuhörer:innen auch mit dem Thema und dem Albumtitel auseinandergesetzt haben und sich darüber Gedanken gemacht haben, ob und inwiefern sie durch unsere Musik unterhalten werden und welche Ansprüche sie selbst an Unterhaltung haben.» Die sozialkritischen Zwischentöne sind dem Quartett wichtig. Ein Thema, das die Band sehr beschäftige, sei der Klimawandel. «Aus diesem Grund besingen wir in 'Mother' die Natur und hinterfragen selbstkritisch, inwiefern unsere Lebensweise und Grundeinstellung nachhaltig sind. Mother ist textlich sicher der durchdachteste und konkreteste Song.» Doch neben diesem Stück gebe es durchaus auch leichtere Kost auf dem Debüt. «Viele der anderen Songs sind etwas abstrakter formuliert und bieten damit einiges an Interpretationsspielraum. Dabei geht es insbesondere um Selbstreflexion und die Frage, wie man sich selbst im Mikro- und Makroumfeld positioniert und verhält. Oft werden die Zuhörer:innen direkt angesprochen und mit Fragen oder Aussagen konfrontiert. Auch wenn ich noch weit davon entfernt bin, genau das auszudrücken, was ich möchte, ist es mir immer ein Anliegen, dass die Texte zum Nachdenken anregen und für alle auf ihre konkrete Situation übertragen werden können.»
Einstimmig und bedingungslos überzeugt
Drei Bandmitglieder von Tawnee stammen aus Graubünden und doch hat die Lage ihres Bandraums und ihr Leben als «Wirtschaftsflüchtlinge» in Zürich auch einen gewissen Einfluss auf ihren Sound. «Unser Proberaum liegt in der Umgebung Limmatplatz und damit am Ende der Langstrasse. Ein paar Türen weiter ist die Autonome Schule Zürich und über uns liegt ein moderner Co-Working Space. Die qulturelle und gesellschaftliche Vielfalt im nächsten Umkreis ist immens.» Für ein paar Bündner, die diese Bandbreite während des Aufwachsens nicht gekannt hätten, sei dies zu Beginn sicher eine Umstellung gewesen, sagt Andrea Frey. «Ich denke, dass uns gerade der soziokulturelle Aspekt schon persönlich verändert hat. Damit hat sich dies zweifelsohne auch im Sound niedergeschlagen. Zudem haben wir gelernt, uns auf den Sound zu fokussieren, der uns persönlich gefällt und glücklich macht und weniger von äusseren Umständen und Erwartungen leiten zu lassen.» Der Perfektionismus, den die Formation zelebriert, ist wohl auch schuld daran, dass es satte zehn Jahre gebraucht hat, bis nun endlich der erste Longplayer von Andrea Frey, Elias Tsoutsaios, Valentin Bezzola und Flo Heiniger erschienen ist. Zeit spiele bei ihnen nur eine untergeordnete Rolle, die Qualität müsse stimmen, sagt Frey. «Das wichtigste ist definitiv, dass wir als Band einstimmig und bedingungslos von diesem Lied überzeugt sind. Meist steckt dahinter schon ein längerer kreativer Prozess, weshalb wir ohnehin nur diese Songs mit ins Studio nehmen, die unseres Erachtens genügend ausgereift sind.» Auf der Platte gebe es aber mit dem Lied «Running» eine Ausnahme, die sie erst im Studio zum ersten Mal geprobt und nach zwei bis drei Durchgängen gleich aufgenommen hätten. «Auch, wenn der kreative Prozess bei diesem Song kürzer war, war die Anforderung die Gleiche: Wir mussten alle vier vom Song überzeugt sein und wollten, dass dieser gehört wird. Im Übrigen ist sicher wichtig, dass der Song zum einen etwas Spezielles, Spannendes an sich hat und zum anderen ins Konzept des Albums passt. Ersteres ist üblicherweise ein Songwriting-Thema und kann im Text, der Melodie oder der Instrumentierung beziehungsweise dem Arrangement liegen. Den roten Faden haben wir auf diesem Release insbesondere sichergestellt, indem wir alle Songs live eingespielt haben und das Album somit einheitlich als rohes und ehrliches Gesamtwerk daherkommt.» Dieses kann sich dann auch für zukünftige Konzerte einfach reproduzieren lassen. Allzu lange müssen die Bündner Fans gar nicht mehr warten, bis ihre drei Bündner Andrea, Elias und Valentin mit dem Zürcher Drummer Flo wieder in der Gegend auftreten. Am 5. März spielen sie nämlich gemeinsam mit Everboy am Festival «Chur Unplugged» im Cuadro22 in Chur.