Snook veröffentlicht Ode an das Rätoromanisch
Nur noch 0.5 % der Schweizer Bevölkerung spricht heute
noch Rätoromanisch. Wann ist dir das letztmals im Alltag bewusstgeworden?
Rätoromanisch ist meine Muttersprache, die ich als Kind von Zuhause mit auf
dem Weg bekommen habe. Durch diese sprachliche Prägung entwickelt man
automatisch eine gewisse Affinität dafür. Wir wachsen im Engadin mehrheitlich
zweisprachig auf. Wenn ich beispielsweise im Zug sitze oder in Zürich durch die
Stadt spaziere, so fällt es mir eigentlich nicht auf, dass ich von anderen
Sprachen umgeben bin. Es fällt mir aber sofort auf, wenn jemand im Zug im
nächsten Viererabteil am Handy Rätoromanisch spricht oder wenn in Zürich in
einem Park sich zwei Personen auf Rätoromanisch unterhalten. Wenn ich zuhause
in Scuol bin, fällt es mir nicht so extrem auf, da ich permanent von der
Sprache umgeben bin. Wenn sie jedoch quasi inexistent ist, so freut man sich
viel mehr über eine sprachliche Begegnung.
Was fasziniert dich so an dieser Sprache?
Mich fasziniert die Universalität dieser Sprache. So habe ich schon als Kind
gemerkt, dass ich andere Sprachen verstehe, wenn wir mit meinen Eltern
beispielsweise in Italien oder Frankreich in den Ferien waren, obwohl ich diese
Sprachen in der Schule noch nicht hatte. Dank der rätoromanischen Sprache, die
so viele Parallelen zu anderen Sprachen hat, konnte ich mich mit anderen Kids
unterhalten und eine Sandburg bauen, obwohl wir nicht genau die gleiche Sprache
gelernt hatten. In späteren Jahren bestätigte sich die Schlüsselfunktion dieser
Sprache beim Erlernen neuer Sprachen immer mehr. Natürlich gibt es noch weitere
Punkte wie die Identifikation oder die qulturelle Orientierung, die sich über
eine Sprache ergibt. Es ist cool zu einer sprachlichen Minderheit
dazuzugehören, die doch so viele qulturelle Schätze herausbringt!
Dein neues Lied Ladina handelt vom Aussterben der
Sprache. Was erhoffst du dir von dem Werk?
Der Song «Ladina» leitet sich von meiner Muttersprache, dem Rumantsch Ladin ab.
Rumantsch Ladin wird als Sammelbegriff für die Idiome «Vallader» und «Puter»
sowie für den Jauerdialekt verwendet, welche im Engadin und Val Müstair
gesprochen werden. Proportional gesehen, reden dort noch viele Personen in
Relation zur Bevölkerung Rumantsch. Aber auch in diesen Tälern kommen weitere
Sprachen dazu und verdrängen immer mehr die rätoromanische Sprache. Im Song
habe ich daraus eine Liebesgeschichte geschrieben und habe aus dem Wort «Ladin»
meine fiktive Freundin Ladina kreiert. Im Song trennen sich leider die
Charaktere – also ich mich von meiner hypothetischen Freundin Ladina - was als
Symbolbild für das Aussterben der rätoromanischen Sprache steht. Der Song ist
mir besonders wichtig, da ich damit meine tiefe Liebe zu meiner Muttersprache
und die Notwendigkeit ausdrücke, unsere Sprache am Leben zu erhalten.
In deinem neuen Song ist neben Manon Ulli auch ein Gospel
Chor aus Nigeria zu hören. Wie ist es zu dieser Zusammenarbeit gekommen?
Die Zusammenarbeit mit einem Chor aus Nigeria ist für mich eine inspirierende
Geschichte gewesen. Die Skizze zu Ladina ist an der Ukulele entstanden und hat
sich zu einem elektronischen Popsong weiterentwickelt. Bevor ich den Text
fertig geschrieben hatte, hatte ich das Gefühl, dass eine weibliche Stimme den
Song bereichern würde. So ist Manon Ulli dazu gestossen und als wir im Studio
waren und unsere Vocals aufgenommen und uns den Song auf grossen Lautsprecher
angehört haben, wusste ich, dass im letzten Refrain des Songs noch ein Gospel
Chor hermusste. So mit kräftigen, souligen Stimmen. Auf der weltweiten Suche
(also Online) nach den geeigneten Sänger:innen, bin ich dann auf diese
talentierten Musiker aus Nigeria aufmerksam geworden. Ein paar Nachrichten hin
und her und der Song war im Kasten mit dem den gewünschten Gospel Vibe.
Wird es von dir eigentlich auch mal wieder ein Album
geben oder bleibst du beim Singleveröffentlichen?
Der Vorteil von der Veröffentlichung von Singles ist, dass ich super
flexibel darauf reagieren kann, das zu machen, was ich gerade Lust habe und
mich nicht im Korsett eines Albums zurechtfinden muss. Ich kann viel impulsiver
reagieren. In letzter Zeit habe ich jedoch so viele Song komponiert, dass ich
mit Sicherheit demnächst eine EP oder vielleicht sogar ein Album
veröffentlichen werde.
Wie gut gefällt es dir in deinem neuen Job?
Ich bin sehr happy in meinem Job bei der Kantonalen Verwaltung. Mir persönlich
ist es extrem wichtig, dass ich einer sinnstiftenden Tätigkeit nachgehen kann.
Obwohl ich gerne und viel Arbeite, ist mir eine gewisse Vereinbarkeit zwischen
meinem Beruf und meiner Tätigkeit als Musiker extrem wichtig, um diesen Spagat
meistern zu können. Dank der zeitlich und geographischen Flexibilität, welche
die Kantonale Verwaltung als Arbeitgeberin ermöglicht, kann ich auch meine
Rolle als Musiker in einer gewissen Professionalität wahrzunehmen.
Obwohl dein Herz fürs Engadin schlägt und du nun seit
etwa zwanzig Jahren in Zürich lebst, zieht es dich jetzt ins Prättigau. Wie ist es dazu gekommen?
Ich arbeite nun schon seit 2017 in Chur für den Kanton Graubünden und habe
meine Lebenspartnerin, die in Landquart zuhause ist. Ich pendle regelmässig
zwischen Chur, Zürich, Landquart und Scuol. Mit der Zeit ist dies sehr
anstrengend und benötigt auch viel Zeit, welche ich lieber für das Komponieren
von neuen Songs und mit meiner Partnerin verwende möchte. Nach einer intensiven
Recherche sind wir in Schiers fündig geworden und freuen uns nun darauf, gemeinsam das schöne Prättigau und die Menschen die dort leben näher kennenzulernen.