Nachgefragt bei CRF
Euer Album heisst «Letzte Zuflüchte». Ist dies auf die Musik bezogen?
Teilweise. Da kommt Verschiedenes zusammen. Einerseits ist Musik und Musikmachen für uns beide eine Form von Therapie und von «Safe-Haven», gerade in solch chaotischen Zeiten. Darum – und als kleiner Seitenhieb auf Atmospheres Klassiker «You can't imagine how much fun we're having» - das Selbsthilfegruppen-Cover.
Andererseits wurde dieses Gefühl der Zuflucht auch durch den Entstehungsprozess des Albums bestärkt. Da wir fast 100km auseinander wohnen und Freizeit spärlich gesät ist, haben wir uns drei Jahre lang alle paar Monate wieder für eine Nacht eingeschlossen. Da war dieses Gefühl von «Zuflucht» sehr stark.
Du bist ein St. Galler MC, John Sarastro kommt aus der Surselva. Wie habt ihr euch überhaupt kennengelernt?
Über meinen DJ, ILL-O. Der war quasi Johns Nachbar in Zürich und hat bereits vorher mit ihm zusammen gearbeitet. John hat mich dann für ein Feature auf seinem 2016er Producer-Album «Sarastro» angefragt und schon bei den Aufnahmen hat die Chemie so gestimmt, dass wir fanden, dass das wohl nicht alles gewesen sein kann.
Wann hast du realisiert, dass die Beats von ihm noch recht gut zu deinem Style passen?
Lustigerweise hatte ich am ersten Beat, den er mir 2016 geschickt hat, ziemlich zu beissen. Bis ich gemerkt hat, dass er gar nicht diesen meinte. Aber Johns Beats sind sehr mystisch und die Samples sind roh belassen, inklusive Störgeräusche. Das erinnert mich immer an den New Yorker Underground der 90er – da habe ich mich von Anfang an sehr zuhause gefühlt. Hinzu kommt, dass John's Beatz mir sehr viel Platz lassen, mich auszutoben. Und wenn ich ganz nett frage, baut er mir auch mal eine funky Uptempo-Nummer wie «Esszimmertisch».
Vor noch gar nicht so langer Zeit hast du schon ein Album veröffentlicht mit Pat MC. Bist du ein Mensch, der durch die Pandemie zusätzlich motiviert wird?
Ich sag jetzt besser nicht, dass im Sommer noch eine Platte mit meiner Band Bungle Brothers erscheint, sonst hältst du mich für hyperaktiv... Aber eventuell ja. Ich spiele eigentlich am Liebsten live. Da das momentan nicht geht und keine Musik machen auch unmöglich ist, verkriecht man sich eben ins Studio – wie der Titel sagt «Letzte Zuflüchte».
Bist du ein Rapper, der immer schreibt oder brauchst du eine Veröffentlichung als Ziel?
Ich habe mir tatsächlich angewöhnt, praktisch immer zu schreiben. In den vergangenen Jahren war so mindestens ein 16er pro Woche das Ziel. Oft auch mehr. Ein Rapper ist ja nichts anderes als ein Musiker und muss daher viel üben, um besser zu werden.
Ich erinnere mich daran, dass die letzte Produktion eher spontan abgelaufen ist. Wie war es beim aktuellen Werk?
Das war eher ein langfristiges Projekt. Wir haben ziemlich genau 3 Jahre dafür gebraucht. Irgendwie war John und mir von Anfang an klar, dass wir mindestens eine EP zusammen machen wollten. Aber wir wohnen wie gesagt an verschiedenen Orten, haben Familie, Jobs und diverse andere Projekte. Da mussten wir gemeinsame Sessions genau planen. Das Konzept hat sich allerdings geändert. Anfangs wollten wir nur Boombap-Kneipenphilosophie mit irgendwie zufällig klingenden Hooks machen wie bei «Thaiimbiss» und «Flur vor der Küche». Aber das Konzept war uns auf Dauer zu einseitig und so haben dann auch Gruselgeschichten wie «Shinjuku Metro», Experimente wie «Bass» oder sehr persönliche Tracks wie «Tinte» mit Amazing July den Weg aufs Album gefunden. So ganz ohne Spontaneität geht's dann doch nicht.
Sind in dem Fall noch weitere Releases in diesem Jahr geplant?
Meine Band Bungle Brothers bringt wie gesagt am 19.6. die LP «Halb Fiction» raus, auch auf Vinyl. John arbeitet soweit ich weiss an seinem Producer-Album «Obsidian Lanes» und an Platten mit dem New Yorker Rapper Dell Wells und dem Wahl-Münchner Klaus Brandenburg. Der bei «Zuflüchte» auch auf «Hustle» vertreten ist.