Mit dem Velo durch die Schweiz
In den vergangenen drei Jahren fuhr mindestens sieben Mal mit dem Velo von meiner Haustüre aus nach Zürich. Dreimal allein dieses Jahr.
Über die vergangenen zwei Jahre hinweg bin ich häufig mit dem Velo zur Arbeit gefahren, und bin häufig nach der Arbeit bis zu drei Stunden im Sattel gesessen. Das Velofahren ist für mich seit langem ein Ausgleich zu Büroarbeit. Dieses Jahr bin ich 300 Tage lang im Militär. Als ich im Januar zum bestbezahltesten Kindergarten der Schweiz gestossen bin, hoffte ich, meine Leidenschaft fürs Velofahren nicht durch meinen Militärdienst zu verlieren. Es kam anders, überraschend anders. Ich ergatterte eine Stelle in einem Büro, eine beinahe zivile Arbeit, mit geregelten Arbeitszeiten und wenig Schikane.
Vor einigen Wochen, es war Mitte Sommer, fuhr ich mit dem Zug aus dem Militär nach Hause, legte meine Velosachen bereit, schlief eine Nacht zuhause und fuhr am folgenden Morgen mit dem Velo zurück in die Kaserne. Zweimal bin ich bereits so eingerückt. Zweimal bin ich bereits wieder mit dem Velo nach Hause gefahren. Mit dem Velo ins Militär einrücken, wer hätte gedacht, dass es möglich ist? Wer hätte gedacht, dass es unbemerkt bleibt?
Warum ich dies hier veröffentliche? Ohne Risiko, kein Spass.
Nahrung, Wasser, Wechselkleidung, die Uniform und die schicken Lackschuhe im Rucksack. Schlauchflickzeug, Ersatzschlauch und Minipumpe am Velo, Reifen gepumpt, Kette geschmiert, Bremsbeläge fast neu - los geht es!
Es ist schon interessant. Die Veloroute von Untervaz nach Zürich kenne ich bereits auswendig. Die Strecke ist rund 120 km weit mit ungefähr 500 Höhenmetern. Je nach Witterung, Motivation und Muskelkater dauert die Fahrt für mich zwischen fünf und acht Stunden. Das ist der Hinweg. Auf dem Hinweg geht es leicht bergab. Zwischendurch geht es steil kleine Hügel hinauf. Der Rückweg ist weitaus anstrengender zu bewältigen, da es stetig leicht bergauf geht.
Ich kenne drei verschiedene Velorouten, um von Zürich zurück ins Rheintal zu gelangen. Die erste Route führt aus der Stadt hinaus am See entlang über Wollishofen nach Thalwil, weiter nach Pfäffikon SZ, nach Ziegelbrücke, Weesen, Walenstadt, Sargans und Landquart. Das ist die langweiligste Route, da sie häufig an Autobahnen und Autostrassen entlang führt. Um aus dem Rheintal nach Zürich zu gelangen, muss ich fast zwingend am Walensee entlangfahren, alle anderen Wege sind mir ein zu grosser Umweg. Dies ist die Route, welche ich bisher jedes Mal gefahren bin.
Vor einigen Wochen bin ich von der Kaserne in Birmensdorf aus nach Albis, von dort aus weiter nach Sihlbrugg über den Hirzelpass nach Richterswil nahe Pfäffikon SZ, weiter nach Ziegelbrücke, Weesen, Walenstadt, Sargans und Landquart gefahren. Die Strecke ist nicht zu unterschätzen. Im gesamten sind dies rund 130 km sowie über 800 Höhenmeter.
Die dritte Route führt ebenfalls von Birmensdorf aus Richtung Zugersee, durch Zug am Zugersee entlang nach Arth, von dort aus weiter über Ibach nach Schwyz. Von Schwyz aus fährt man den ungeheuer steilen Pragelpass hinauf durchs Muothatal zum Klöntalersee hinunter und weiter bis nach Glarus. Von dort aus über Ziegelbrücke, Weesen...nach Hause. Wir kennen die Geschichte. Die Strecke zwischen Schwyz und Glarus ist die Veloroute 83, die sogenannte Suworow-Route. Allein wegen des Namens dieser Strecke, musste ich die Strecke, unbedingt fahren. Vor einigen Wochen fuhr ich diese Strecke von insgesamt über 140 km und rund 1300 Höhenmeter.
Velofahren ist wie zu Fuss gehen. Es ist einfach. Alles was man dazu braucht, ist ein Fahrrad und sich selbst. Velofahren ist eine meiner Leidenschaften, da ich mit dem Velo weiter komme als zu Fuss. Ich fahre lange Strecken in kurzer Zeit. Manchmal ist es mir wichtig schnell zu sein, schnell im Sinn von: Viel zu sehen in einem einzigen Tag. Es geht mir nicht darum durch die Landschaft zu rasen und kein Auge von der Strasse zu nehmen. Es geht mir darum zu erleben und zu bestaunen, und das geht mit dem Fahrrad ganz gut für mich.
Nichts jedoch kommt der meditativen Wirkung des Wanderns nahe.
Die Füsse befinden sich in direktem Kontakt zum Boden, die Geschwindigkeit ist langsam. Schritt für Schritt geht es voran, man setzt einen Fuss vor den anderen. Manchmal geht man gedankenlos durch die Landschaft. Beim Velofahren tritt man in die Pedale und denkt dabei häufig über alles mögliche nach. Ich habe die lästige Angewohnheit kaum eine Sekunde lang an nichts zu denken beim Velofahren. Beim Wandern kann ich gut abschalten.
Doch ich geniesse es weit hinauf in die Berge zu fahren, hoch über einem Tal zu sein, hinunterzublicken und zu sehen, wie alles ganz klein ist - klein und unwichtig. Der Mensch und das was er erschaffen hat, wirkt bedeutungslos neben den grandiosen Werken der Natur.
Beim Velofahren bin ich mir selbst genug. Ich fühle mich wunderbar, wenn ich müde eine steile Bergstrasse hinunterfahren kann. Hundemüde und trotzdem glücklich. Hundemüde und gerade deshalb glücklich?