Guten Morgen
Meine gewöhnliche Runde führt über eine kleine Brücke und anschliessend dem
Bach entlang. Josh spurtet los bis zur Steintreppe, um dort unten nach dem
fliesssenden Wasser zu schnappen. Beim zweiten Wegabschnitt verrichtet er
meistens sein Geschäft und ich entsorge es ordnungsgemäss. Danach nehme ich einen
kleinen Fussweg aufwärts und finde mich zwischen grossen Häusern mit grossen
Gärten wieder. Inzwischen regnet es kräftig und ich beschliesse meine Runde
etwas abzukürzen und vor allem auf den geteerten Strassen zu bleiben.
Damit Josh doch noch etwas «arbeiten» muss, habe ich immer einen Gegenstand
dabei, ein altes Portemonnaie, eine Mütze oder den Holzknochen. Er macht das
sehr gerne und das Wetter spielt dabei keine Rolle. Auf dieser Quartierstrasse
ist nicht viel los. Die meisten sind wahrscheinlich schon zur Arbeit gefahren,
die anderen bleiben in den Häusern. Es ist niemand zu sehen. Ich platziere Josh
am Strassenrand, gehe ein paar Meter und lege den schon etwas verbrauchten
Holzknochen auf einen Stromkasten. Genau im gleichen Moment höre ich, wie ein
Fenster geöffnet wird.
Reflexartig drehe ich mich um und sehe im
gegenüberliegenden Haus eine Frau am Fenster. Sie ruft und meint dabei ganz
klar mich: «Nehmen sie das mit!»
Ich bin irritiert. Natürlich nehme ich das wieder mit. Was denn sonst? Besser
gesagt Josh sollte es mir bringen. Obwohl ich nichts Falsches oder Verbotenes
gemacht habe, beschleicht mich ein ungutes Gefühl. Josh ist immer noch auf
seinem Platz und wartet auf mein Kommando. Das ich ihm nun sofort erteile, auf
eine Diskussion habe ich keine Lust.
«Bring!» Josh startet und bringt mir den Gegenstand leider nicht.
Das war zu viel Ablenkung. Schade, das wurmt mich natürlich, deshalb versuche
ich es ein zweites Mal. Bei diesem Anlauf klappt es. Guter Hund, Josh bringt
mir den Knochen und bekommt dafür eine Belohnung. Ich leine ihn an und ohne
noch etwas zu sagen gehe ich weiter.
Auf dem Weg nach Hause überlege ich mir, was mich mehr nervt. Das ich morgens um diese Zeit schon so gehässig falsch beschuldigt werde oder das es tatsächlich andere Menschen insbesondere Hundebesitzer:innen gibt, die ihren Abfall liegen lassen?