Bild/Illu/Video: Lucas J. Fritz

Gartenglück

Seit zwei Frühlingen lebe ich im Gartenglück. Was immer schon da war, wurde auf einmal zu meiner neuen grössten Freude. Zu dem Haus in Untervaz, in welchem ich wohne und zuhause sein darf, gehört ein wunderschöner Rosengarten mit zwei Birnbäumen. Gerade in dem Monat, in welchem meine liebe Nana ihren letzten Atemzug tat und zum allerletzten Mal ihren Augen auf die Welt und auf ihre erwachsen gewordene Saat und Saatessaat richtete, gewann ich zum allerersten Mal Freude am Gärtnern. Seit ebenjenem Frühling pflanze ich rund um die zahlreichen Rosen in unserem Garten immer wieder aufs Neue Essbares. Bei jeder Veränderung im Garten achte ich darauf die Schönheit und gleichzeitig Nützlichkeit des Gartens zu mehren. Ich tue nichts aus nur einem einzigen Grund. Finde ich ein Gemüse, welches farbig, schön und zugleich sehr schmackhaft ist, kommt es sicher in den Garten.


In meinem ersten Gartenjahr pflanzte ich einige Kartoffeln, mehr Zucchetti als ich und die Familie insgesamt essen konnten - ganze zwölf Pflanzen um genau zu sein - es gab Zucchetti, bis mir fast schlecht davon wurde. Etwas Schnittsalat sähte ich in Töpfen auf sonnengefluteten Fenstersimen und Basilikum und etwas Schnittlauch dufteten in meiner Wohnung.


Heuer ist es etwas mehr. Unbenutzte Fläche im Garten machte ich mitten im Winter während einer warmen Woche nutzbar, um im Mai acht weitere Tomatenpflanzen setzen zu können. Die Anbaufläche für Kartoffeln verdreifachte ich, doch keineswegs auf Kosten der schönen Rosen. Vor einer Woche setzte ich eine Herbsthimmbere mitten in die aufblühende Rosenpracht. Auf Fenstersimsen und dem Balkon gedeihen bereits Radieschen, eine ganze Menge Schnittsalat, Amaranth, Pfefferminze und marrokanische Minze, Schnittlauch, Basilikum, Peterli. In meinem Setzlingskasten zeigen schon Pflanzen wie Gurken, Zucchini, Tomaten und Physalis ihr Köpfchen und recken es nach der Sonne. Manche der Pflänzchen wachsen so schräg, (dem Licht des Fensters entgegen) dass ich sie an jedem sonnenreichen Tag hinausstelle, damit sie sich selbst wieder begradigen können.

Mein Jahr begann trist und traurig und nun finde ich mich auf einmal inmitten grün und gelb und violett erblühendem Gartenglück wieder. Kaum beende ich ein Projekt zur Gartenverschönerung, finde ich mich bereits in Gedanken und Planung um ein nächstes Projekt wieder. Manchmal kann ich nachts kaum einschlafen, weil ich den nächsten Tag bereits herbeisehe, um weiterzuarbeiten und alle meine Ideen ins Materielle zu verwirklichen.


Im vergangenen Jahr besuchte ich drei Bauernfamilien, verteilt im Unterland zwischen Appenzell und Bern, um durch die tägliche Mitarbeit von ihnen Wissen um Boden und Pflanzen abzuzapfen.

Harte Tage des Heuens, Heckenschneidens und Pflanzensetzens sowie unzählige Gespräche brachten mir innert zwei Monaten ein umfassendes Wissen zum Gärtnern. Als ich im vergangenen Herbst wieder auf die Zucchetti, die Kartoffeln, die Tomaten und den Salat aus dem Laden zurückgriff, weil meine Ernte schmaler und schmaler wurde, wusste ich für mich: nächstes Jahr werde ich so viel wie möglich pflanzen und ernten, um so lange wie möglich in den Genuss von wahrhaft feinem Essen mit intensivem Geschmack, selbstgezogener, selbstgeernteter Nahrung zu kommen. Am liebsten so, sodass ich auch im Winter dieses und jenes nicht würde einkaufen müssen. Ob dies klappen wird, und wenn ja, mit wie viel Aufwand, werdet ihr bei Interesse in diesen Gartenglück-Kolumnen erfahren. Nur wer selbst einmal Nahrung von der Pflanze pflückte und erntefrisch ass, wird verstehen, was ich damit meine, wenn ich sage «wahrhaft feines Essen mit intensivem Geschmack» und wird meinen Wunsch nach mehr verstehen können.


Im nächsten Beitrag gehe ich auf die Gartenwirtschaft ein und erläutere meine eigene Vorgehensweise und meine durch Erfahrung erworbenen Grundsätze. Bis dann, liebe Gartenfreunde!

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