Fordern statt fördern
Ich oute mich: Ich bin gegen jede Form der Kulturförderung. Ich sehe nicht ein, warum andere Steuerzahler dafür bluten sollten, dass ich gerne Drehbücher und Bücher schreibe und auf der Bühne stehe. Wenn ich das ordentlich mache, ist es auch finanzierbar. Und wenn es einfach zu wenig Leute interessiert, muss es auch nicht gefördert werden. Mit dieser Haltung mache ich mir in der Kulturszene keine Freunde, aber dafür sind Haltungen auch nicht da.
Wie sieht’s aus bei Filmen? Die sind ja so teuer zu machen, heisst es. Kann man das als unabhängiger Filmemacher ohne Fördergelder stemmen? Zum einen ist teuer relativ. Es gab nie so gute Technik für so wenig Geld wie heute. Wer eine gute Story hat und sich ein Netzwerk aus Gleichgesinnten aufbaut, die helfen, kann einen Film drehen. Das Problem ist nur, dass die meisten mehr Zeit für die Suche nach Förderung aufwenden als für die Story. Da werden ordnerweise Gesuche an Kulturämter und Stiftungen geschrieben, während die eigentliche Arbeit liegenbleibt. Und die Kreativität ebenso.
In meinen Anfängen habe ich den obligaten Gang zur Schweizer Filmförderung auch gemacht. Im Sinn von: Wenn das alle tun, bin ich ja doof, wenn nicht. Damals ging es um eine dokumentarische Aufarbeitung der Innerrhoder Landsgemeinde, die ich plante. Brav füllte ich alle Formulare aus. Bewusst hielt ich die Kosten tief (und damit auch den gewünschten Förderbeitrag), denn ich lebe nicht vom Film und gebe gerne meine Freizeit her dafür.
Das Gesuch wurde abgelehnt mit folgender Begründung: Der Autor und Regisseur des Films (also ich) habe für sich deutlich zu wenig Geld eingerechnet im Projekt. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Ein Amt beurteilt, wie viel ich mir aus meinem eigenen Werk finanziell gönnen sollte. Es möchte ausdrücklich, dass ich mehr Geld für mich selbst ausgebe und entsprechend auch mehr Förderung beantrage. Erfahrene Kollegen lachten mich danach aus. Es sei bei Gesuchen Standard, die effektiven Kosten zu berechnen und danach einfach eine Null anzusetzen, nur so könne man mit Unterstützung rechnen.
Das Ergebnis ist eine Förderung am Publikum vorbei. Es ginge aber auch anders. 2019 flossen von der Filmförderung 31 Millionen Franken, 16 Millionen davon in die «selektive Filmförderung», also konkrete Projekte. Jede Wette: Würde man mit den 16 Millionen hundert junge, hungrige Filmemacher mit je 150'000 Franken ausstatten, hätten wir danach 20 Filme, die auch am anderen Ende der Welt jemanden interessieren – und noch einige Dutzend weitere gute. Stattdessen pumpt man das Geld in Ideen, die von einer überakademisierten Jury für hochspannend befunden werden, aber keinen Menschen bis zur Pause im Kinosessel halten.