«Ein Hauch von Blütenduft»
Wir haben Anfang Mai. Nach und nach wurde es immer milder. Eine bemerkenswerte Frische lag in der Luft. Luft, wie aus der Spraydose, aber hier war es die blanke Natur. Sanfter Wind streichelte mein Haar. Entschlossen schritt ich voran. Kein Laut drang an mein Ohr.
Wonnemonat Mai - im wahrsten Sinne des Wortes. Von oben vernahm ich sogleich ein sanftes Rauschen. Mein Blick fiel nach oben, wo ich ein Gipfel eines Baumes, der in voller Blüte stand, erblickte. Süsser Duft verbreitete sich überall. Süss wie Honig, kaum zu beschreiben. Laue Luft mischte sich mit diesem Nasenschmaus. Entzückt, blieb ich stehen. Etwas Wind machte sich auf. Auf diese Weise, strich ein Duft nach dem anderen an meinen Nasenschleimhäuten vorbei. Ich atmete die Luft in tiefen Zügen ein. Ein Wohlgefühl durchströmte mich. Zauberhaft, das Ganze.
Mir fiel es schwer, meinen Weg fortzusetzen. Süsse Luft lag überall in der Natur. Bäume mittlerer Statur reihten sich Seite an Seite. Sie standen alle in voller Blüte. Alte Bäume, Exemplare jüngeren Datums, eins blieb gleich: Sie waren von Anmut nicht zu übertreffen. Die Dunkelheit vermochte es nicht, diesen Augenblick auf irgendeine Weise zu schmälern. Ein zauberhaftes Bild machte sich auf. Die Kühle der fortschreitenden Nacht war kaum zu bemerken. Auf irgendeine Weise gab sie dem Ganzen einen gewissen Rahmen. Die Strassen und Wege waren menschenleer. Nur die Tiere der Nacht gaben ihr Intermezzo. Meine Schritte, die ich nach und nach fortsetzte, klangen wie ein leichtes Knirschen. Ich erschrak etwas. Die Vögel schliefen nicht, um diese Zeit. Man hörte ihr melodisches Singen. Ein ganzes Orchester mitten in der Nacht. Unbeirrt dessen setzte ich meinen Fussmarsch fort.
Ein gewisser Hauch von Müdigkeit überkam mich. Es kam ganz plötzlich, ohne Vorwarnung. Ein paar Meter des Weges hatte ich gewiss noch vor mir. Alles wurde zur Ewigkeit. Alles wurde lang, unendlich lang. Die Füsse begannen zu schmerzen. Ein Krampf durchzuckte mein Bein. Welch ein Schmerz, ich muss massieren. Tausend Nadelstiche, es tat so weh. Stark humpelnd lief ich weiter. Die Strecke dehnte sich unendlich. Ablenkung, wäre jetzt nicht übel. Doch ich konnte die Reize, die ich bis jetzt genossen hatte, nicht mehr wahrnehmen. Etwas anderes stand jetzt im Fokus. Wie komme ich schnellst möglichst nach Hause? Einen Berg hatte ich noch vor mir. Er führte glücklicherweise abwärts. Das ist vielleicht besser, zu gehen. Doch er streckte sich unendlich.
Das Pflaster war uneben. In der Mitte war eine Rinne, wo das Regenwasser ablaufen konnte. Rechts und links war das Pflaster ein wenig gewölbt. Fusswege gab es hier nicht. Also lief ich mitten die Strasse entlang. Der Druck auf meinen Knien verstärkte sich. Eine Schnecke wäre jetzt gewiss schneller gewesen als ich. Doch stehen zu bleiben lohnte sich kaum. Die erste Hälfte der Strecke hatte ich hinter mir. Kaum ein Lufthauch verspürte ich in diesem Augenblick. Meine Atmung vertiefte sich. Gott sei Dank, auch dieses Areal hatte ich geschafft. Ich stand vor meiner Eingangstür.
Ein zauberhafter Sommertag.Ein leichtes Rauschen durchbrach die nächtliche Stille. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich in keiner Weise ein Auge zubekommen. Auch um diese Uhrzeit war es noch brütend heiss. Die Luft schien zu brennen. Mein Rücken war triefend nass. Man konnte meinen, ich sei soeben aus der Dusche gekommen. An den anderen Stellen, meines Körpers bot sich dasselbe Bild. Die offenen Fenster boten keinerlei Abkühlung. Ich riskierte einen Blick auf meine Uhr. Es war mitten in der Nacht. In der Ferne konnte ich das Herbeieilen irgendeines Zuges vernehmen. Wir hatten Ostwind. Das Geräusch der quietschenden Bremsen schallte in die Nacht. Eine gewisse Romantik kam in mir auf. Jetzt in einen Zug steigen, der direkt ans Meer fuhr. Ich roch schon die klare Luft, die mich immer in Empfang nahm. Das Rauschen des Wassers, die aufpeitschende Gischt. Ein Gefühl, wie im Paradies.
Der Wind zerzauste mein Haar. Ich hing meinen Gedanken nach. Darüber landete ich im Reich der Träume. Als ich erwachte, musste erst einmal Fantasie und Wirklichkeit getrennt werden. Teilweise befanden sich meine Sinne noch am Strand. Die Sonne erhellte das Schlafzimmer.
Langsam schlug ich meine Augen auf. Etwas begann im Kopf zu rumoren. Meine Augen gewöhnten sich nur langsam an das Tageslicht. Der Morgen war noch jung. Arbeit stand heute auf der Tagesordnung. Meine Leute brauchten mich. In Kürze machte ich mich auf den Weg.
Die dankbaren Augen unserer Senioren, entschädigen für so manches. Sie hatten es in erster Linie verdient, dass man das Beste aus sich herauskitzelte.
Ein Leben voller Arbeit lag hinter fast allen. Dazu kam noch die vielen Entbehrungen, die unvermeidlich schienen. Wenn es eines gab, womit sie uneingeschränkt Punkten konnten, so war es die Lebenserfahrung in allen Bereichen.
So war es kaum verwunderlich, dass sie fast zu jedem Thema, was anlag, einen Rat wussten. Wenn man es beim Namen nennt, waren das alles Erfahrungswerte.
Die Zeit verging wie im Flug. Schon neigte sich der Arbeitstag dem Ende zu. Freude erfüllte mich, wieder was Gutes für die Menschen getan zu haben. Die Zeit ist eine uneinnehmbare Grösse. Die Vergangenheit ist ein riesiger Pfad mit jedem neuen Tag gewinnt sie an Unendlichkeit. Einmal bekommt sie keinen Zuwachs mehr...
Ich hoffe dieser Tag, ist noch fern.
Schön, war die Zeit…Manchmal ist man zu Tränen gerührt.
Ich hatte noch genau die Melodie im Kopf, die ich erst kürzlich gehört hatte. Sie hing mir noch deutlich nach. Der Text tat sein Übriges. Äusserst gefühlvoll hatte hier der Verfasser agiert. Man erkennt, dass man auch nur ein Mensch ist. Emotionen können sich entladen. Wie ein Strom, brach es aus mir heraus. Der Schlosshund machte dem Namen alle Ehre. Der Blick verschwamm. Ein Wort des Trostes hätte Wunder bewirkt, ich war dessen völlig sicher. So bemerkte man seine Einsamkeit. Sicher war das alles nicht anders machbar. Nur mit Mühe waren die Ströme versiegt. Die Konzentration auf das Wesentliche fiel schwer.
Es war doch nur ein Lied, damit hatte jedoch der Künstler ein Meisterwerk vollbracht. Man soll nicht in Erinnerungen schwelgen. Da könnte sich Melancholie breitmachen.
Das ist auf jeden Fall ein Hindernis.
Schau immer nach vorn. Ein überaus weiser Rat. Aber Grübeleien entstehen immer dann. Die Kunst besteht darin, sie zu beherrschen. Ist Das der Weisheit letzter Schluss? Vielleicht gibt es einen anderen Weg, hinein in das Glück. Niemand hatte ein Rezept. Aber der Weg hatte es in sich. Man muss den Pfad alleine gehen, das nimmt dir niemand ab und der sichere Halt im Rücken kann sich lösen. Dann muss man da stehen und weiter machen.
Es gibt immer einen neuen Tag. Erst hatte ich diese Worte an meinen Sohn gerichtet. Ihm war eine Sache gründlich misslungen. Er, der immer perfekt sein wollte. Verstanden hatte man das nicht, was ihn betraf. Eigentlich überkam mich das Bedürfnis stolz auf ihn zu sein Ihm gelang vieles.
Ich sprach ihm weiterhin Mut zu.
Doch es überwog die Sicherheit.
Letztendlich nahm er die Dinge selbst in die Hand.
Die Jugend von heute ist definitiv eine andere als zu unseren Zeiten. Da hinkt jeglicher Vergleich mit einem selbst. Da kommt einem das Generationenmodell in den Sinn. Man braucht immer länger bei gleicher Eignung.
Auf jeden Fall schwinden die Sorgen um die Zukunft.
Sie wird es immer besser machen.