Die Kommerzialisierung der Angst
Der sich selbst verstärkende und umsatztreibende Effekt solcher Angebote: Je mehr solcher Corona-Produkte in den Läden stehen, desto mehr werden Angst und Verunsicherung angeheizt, allein durch die Gegenwart dieser Mittel. Denn wer denkt da nicht als erstes: «Ups, das brauche ich vielleicht auch noch, um mich zu schützen!»
Wie viele andere dieser Produkte ist allerdings auch das nun aufgetauchte «Corona-Waschmittel» nur ein weiteres Detail der um sich greifenden Kommerzialisierung der Angst vor dem Virus.
Alter Wein in neuen Schläuchen
Das von Coop vertriebene Waschmittel «Sanomat» der Firma Rösch ist schliesslich nichts Neues, es wird standardmässig in 8kg-Kartons oder 20kg-Säcken für die professionellen Wäschereien etwa von Spitälern oder Heimen angeboten [1].
Nun kommt «Sanomat» in einer neu gestalteten, kleinen supermarkttauglichen 2kg-Schachtel daher mit dem gut lesbaren Aufdruck «Gegen Coronavirus». So einfach lässt sich ein Profi-Produkt nun also auch an die geneigten (und vor allem verängstigten) Endverbraucher/innen bringen und schon ist ein neues Marktsegment erschlossen. (Das Datenblatt zur neugestalteten Kleinpackung, welches auf der Hersteller-Webseite zum Download bereit steht, trägt das Datum 24. März 2020. [2])
Experte: Spezialwaschmittel überflüssig
In der SRF-1-Sendung «Espresso» stellt der Zürcher Virologe und Zellbiologe Urs Greber dazu klar: «Jedes Waschmittel, das Seife enthält, genügt vollkommen, auch bei einer Waschtemperatur von 30 Grad.» Desinfektions- oder Hygienewaschmittel seien zum Schutz vor dem Coronavirus überflüssig. [3]
Nötig sei solch ein Spezialmittel für Heime und Spitäler allein deshalb, so Gerber, weil sich dort oft noch viel hartnäckigere Keime und Viren tummeln könnten, die sich im Unterschied zum vergleichsweise empfindlichen Corona-Virus eben nicht allein mit Seife unschädlich machen lassen.
Schwachstelle kapituliert schon vor Seife
Seife wirke gegen das Coronavirus, weil diese Viren an ihrer Oberfläche «Schwachstellen haben», so Greber im SRF. Am empfindlichsten sei dabei die Hülle des Virus, die aus Lipiden, also aus Fetten bestehe: «Die Moleküle der Seife dringen in diese Schicht aus Fettmolekülen ein – und das Virus kollabiert.»
Auch beim Wäschewaschen hilft es also, den gesunden Menschenverstand einzuschalten: Wenn 30 Sekunden Händewaschen mit Seife oder einem anderen fettlösenden Mittel das Virus unschädlich machen, weil dadurch die Lipidhülle des Erregers zerstört wird, dann klappt das freilich erst recht in der Waschmaschine, die in den allermeisten Fällen deutlich länger läuft als nur 30 Sekunden. Und zwar mit ganz normalen Mitteln, selbst dann, wenn nichts von «Corona» draufsteht.
Zum Autor: Wolfgang Frey ist Journalist, Autor, Publizist und Gründer der Heiligkreuzer Seifenmanufaktur.
Quellen:
[1] Herstellerseite, links die neue Packung: http://www.roeschswiss.com/de/20_sanomat, aufgerufen am 19. April 2020
[2] Datenblatt des "Corona-Waschmittels": http://www.roeschswiss.com/de/index.php?controller=attachment&id_attachment=151, aufgerufen am 19. April 2020
[3] https://www.srf.ch/news/schweiz/coop-auf-dem-corona-zug-jetzt-gibt-s-bereits-corona-waschmittel, aufgerufen am 19. April 2020