Bild/Illu/Video: Christian Imhof

Das Chrona Pub erwacht zu neuem Leben

Die Seifensiederin Karin Jost habe ich im vergangenen Jahr kennengelernt. Durch einen Newsletter von Kultur Prättigau wurde ich auf ihr frisch eröffnetes Lokal an der Hauptstrasse Jenaz aufmerksam und dachte mir, dass dies sicher eine gute Geschichte für die Zeitung «Prättigauer & Herrschäftler» hergeben könnte, bei welcher ich im April 2021 das Amt des Chefredaktors übernommen hatte. Bei diesem Thema wusste ich sofort, dass mich dies begeistern würde, da in ihrem Fall gleich mehrere Faktoren für einen guten Bericht sprachen. Einerseits geht mir jedes Mal das Herz auf, wenn ich dank meinem Beruf an den Ort meiner Kindheit reisen darf und andererseits ist mir das Thema Seifen durch meine Arbeit bei der Heiligkreuzer Seifenmanufaktur, bei der ich bis zur Geburt von meinem Sohn tätig war, natürlich sehr nahe. Zudem überkam mich ein fast schon nostalgischer Flash als ich erstmals in den Seifengarten trat. Zur kurzen Erklärung, früher war dort der Beck Hitz angesiedelt und ich kann mich noch bildlich dran erinnern, wie wir dort Caps (diese flippenden Dinger) gekauft haben und ich mich wahnsinnig gefreut habe, als ich alle mit Power Rangers-Motiven beisammen hatte. Doch zurück zum Thema. Der Nachmittag mit Karin war sehr kurzweilig, wir philosophierten über die Nachbarschaft, Jenaz im Allgemeinen und natürlich auch über den unsinnigen Plastikverschleiss der Menschheit. Es wurde einer der ersten Artikel, die ich als Häuptling des P&Hs schrieb und dank den Marketingskills von Karin kam es, dass auch ausserhalb des Tales einige davon mitbekamen, dass die Familie Jost im Prättigau am Wurzeln schlagen sind. Hier findet ihr den Beitrag.


Nach dem Seifengarten das Chrona Pub
Jetzt, gut ein Jahr später verfolge ich die Geschichte der beiden Unterländer immer noch und habe kürzlich mitbekommen, dass sie das in die Jahre gekommene Chrona Pub in Jenaz neu beleben wollen. Wie Karin mir beim Besuch der Baustelle am Mittwoch sagte, sei die Familie Bordoli auf sie zugekommen, da ihr Mann Andy ein Wirtepatent besitze. Die Entscheidung ist recht schnell gefallen. «Auch wenn wir von der Zusage her spontan gewesen sind, haben wir ein richtig dickes Betriebskonzept zusammengestellt und es mit Anni, Mario und Sandro Bordoli besprochen. Es soll ein Pub mit Prättigauer Gemütlichkeit und Irischem Charme werden. Wir wollen nicht irgendeine Spelunke werden, sondern Touristen, Gastarbeitern und auch Familien preiswerte Übernachtungsmöglichkeiten mit Frühstück anbieten.» Sandro, mit dem ich in Jenaz die Schulbank gedruckt habe, sei verantwortlich für die Zusammenarbeit mit ihnen. «Wir sind extrem dankbar, dass alles so unkompliziert funktioniert und sie eine Generalüberholung des Gebäudes vorgenommen haben. Dass wir jetzt dann hier ein Pub mit B’n’B betreiben können, ist schon ein Traum von uns beiden, der in Erfüllung geht.»

Miteinander statt gegeneinander
Die Mentalität von Karin Jost hat mich schon beim ersten Besuch fasziniert, denn sie ist eine sehr offene Persönlichkeit, die gerne mit der Umgebung in Kontakt tritt. So hatte sie schon beim Seifengarten ein super Verhältnis mit der inzwischen leider verstorbenen Maya Adank und den anderen Nachbarn. Auch vorne im Pub ist es ihr wichtig, gemeinsam mit den Beizern vom Landhaus Ideen zu spinnen «Schon früh sind wir auf Andy und Madlene Rominger zugegangen und haben mit ihnen über erste Ideen diskutiert.» Für beide Seiten sei klar, dass das Landhaus und das Chrona Pub sich wunderbar ergänzen. «Wir haben gemerkt, wir ticken ziemlich ähnlich, sind alle vier auf der gleichen Wellenlänge und drum funktioniert es auch. Im Idealfall kann jemand am Morgen bei uns zum ‘z’Nüni’ kommen und das Mittagessen auf der anderen Strassenseite bei den Romingers geniessen, die erst um 10 Uhr öffnen. Anders rum, können Gäste, die im Landhaus zu Abend gegessen haben, noch locker bei uns einen Absacker trinken kommen. Beide Seiten sehen es wirklich als eine Bereicherung für das Dorfleben und von Konkurrenzdenken ist nichts spürbar.» Auch sonst ist es Karin wichtig, dass die Produkte, die sie ihren Gästen zukünftig serviert aus der Region stammen und nachhaltig sind. Wenn das Chrona Pub am 4. Juni 2022 in neuem Glanz erstrahlt, hat Karin Jost alles vom Seifengarten bereits in den oberen Stock des Lokals gezügelt. Dort soll eine neue Küche für die Seifenproduktion und ein grosser Begegnungsraum für alle Gäste entstehen. Zuvor seien dort die Büroräume des Vorpächters gewesen, doch wenn die Josts einziehen, soll der Raum Atmosphäre kriegen und zum Verweilen einladen. «In diesem Raum wollen wir dann nicht nur das Frühstück servieren, sondern auch eine Küche für den kollektiven Gebrauch einbauen. Der Raum wird zusätzlich mit gemütlichen Sitzmöglichkeiten, einem Buchregal und vielem mehr aufgewertet.» Die Chrona, wie wir Jenazer sie meistens nennen, wird so bald auch breiter aufgestellt und ist nicht nur eine Beiz mit Stammtisch wie es viele andere gibt. Neben Büezern und jugendlichen Ausgängern seien auch durchaus Familien mit Hunden herzlich willkommen und erwünscht. Karin ist froh, dass sie und ihr Mann Andy den Schritt gewagt haben und dass sich die Chance überhaupt ergeben hat. «Wir haben uns gedacht: ‘wenn du‘s nicht probierst, bereust du es irgendwann.’ Das haben wir schon öfters so miterlebt, dass Personen in unserem Umfeld alles rausgeschoben haben, bis es dann irgendwann zu spät dafür war. Drum haben wir gedacht, wir machen das jetzt und ergreifen die einzigartige Möglichkeit.» Das Crowdfunding der Familie Jost ist meiner Meinung nach, sehr unterstützungswürdig, da der Lebenstraum von ihnen nicht nur das Dorfleben belebt, sondern auch dafür sorgt, dass die Jungen im Prättigau wieder eine Ausgangsmöglichkeit erhalten. Sie packen es an, anstatt zu jammern und ich finde, von Karin und ihrem Mann Andy kann sich so mancher eine Scheibe abschneiden, denn ein solches Lokal zu übernehmen, auch wenn die Familie Bordoli ihnen beim Umbau sehr unter die Arme greift, braucht auch immer sehr viel Mut.  


Das ganze Crowdfunding findet ihr hier.

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