«Bitte kehren Sie zu den Fakten zurück, Frau Bundesrätin»
In der letzten Woche haben Sie in fast allen Zeitungen der Schweiz die Werbetrommel für das Massnahmenpaket zugunsten der Medien gerührt. Das ist Ihr gutes Recht, tragen Sie doch die Verantwortung für diese Vorlage. Was wir aber nicht akzeptieren können, ist, wenn von bundesrätlicher Seite Fakten und Zahlen präsentiert werden, die nicht korrekt sind.
Auf die Frage, wer von den neuen Subventionen profitiert, haben Sie wörtlich gesagt: «Ich halte mich an die Fakten. Die indirekte Presseförderung wird künftig zu rund 75 Prozent an kleinere und mittlere Verlage gehen. Das wissen wir, weil diese Regelung bereits während der Coronahilfsmassnahmen galt.»
Bei allem Respekt, Frau Bundesrätin: Diese Aussage ist eine völlige Verdrehung der Tatsachen. Fakt ist: Die neuen Bestimmungen des Massnahmepakets treten erst nach der Volksabstimmung vom 13. Februar in Kraft. Mit den Coronahilfsmassnahmen haben sie nichts zu tun. Das neue Gesetz, über das wir am 13. Februar abstimmen, bevorteilt nun aber bei der indirekten Presseförderung ganz gezielt die Grossverlage, wie folgende Beispiele zeigen:
- Mit dem neuen Gesetz wird die bestehende Auflagen-Obergrenze von 40'000 Exemplaren für die Posttaxenverbilligung aufgehoben. Damit würden neu auch die grossen Tageszeitungen wie der Tages-Anzeiger, der Blick oder die NZZ mit Steuergeldern subventioniert.
- Zudem werden weitere 40 Mio. Franken als indirekte Presseförderung für die Früh- und Sonntagszustellung bereitgestellt. Da es diese Millionen-Subventionen bisher noch gar nicht gibt, können sich diese auch nicht bei den Coronahilfsmassnahmen bewährt haben. Richtig ist, dass diese 40 Mio. fast ausschliesslich zu den Grossen gehen, da kein einziger kleiner Verlag eine Sonntagszeitung herausgibt und in der Regel auch keine Frühzustellung hat.
Fazit: Allein schon diese zwei Beispiele – und es gäbe noch mehr – beweisen, dass Ihre Aussage, die indirekte Pressförderung von total 90 Mio. werde künftig zu 75 Prozent an kleine und mittlere Verlage gehen, den Fakten nicht standhält. Ja, mehr noch: Sie ist eine Irreführung des Stimmvolks.
Ähnlich verhält es sich bei der direkten Förderung der Online-Medien mit 30 Mio. Franken. Das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) selbst hat in einem Bericht an die vorberatende Kommission des Parlaments ein Verhältnis von 54% zugunsten der Grossen prognostiziert, womit die Mehrheit des Steuergeldes wiederum nicht bei den kleinen und mittleren Verlagen landet. Der schädliche Mechanismus dahinter funktioniert wie ein Selbstbedienungsladen für die Medienkonzerne:
- Stellt ein Verlag seine Zeitung auch als E-Paper zur Verfügung (und das machen alle), werden 40% der Zeitungs-Abo-Einnahmen dem Online-Ertrag zugeschlagen. Durch diesen Trick werden die Verlage mit grossen Zeitungs-Auflagen durch die Online-Förderung zusätzlich subventioniert.
- Der Höhepunkt der gezielten Bevorzugung der Grossen ist die Tatsache, dass beispielsweise in der deutschsprachigen Schweiz nur Online-Angebote subventionsberechtigt würden, die über 100'000 Franken Publikumserträge ausweisen. Diese Umsatz-Limite ist für unabhängige, kleine, regionale Plattformen nur schwer oder gar nicht zu erreichen.
Frau Bundesrätin, wie Sie sehen, widerspricht das «Massnahmenpaket zugunsten der Medien» an allen Ecken und Enden Ihrer vielfach wiederholten Behauptung: «Diese Vorlage machen wir in erster Linie für die kleinen und mittleren Verlage». Wir sind erschüttert, dass den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern offensichtlich falsche Zahlen und Fakten präsentiert werden. Im Sinne eines fairen demokratischen Abstimmungskampfs erwarten wir die Rückkehr zu einer faktenbasierten, transparenten Debatte.
Mit freundlichen Grüssen
Im Namen Referendumskomitees «Mediengesetz NEIN»
Peter Weigelt (Präsident)/Dr. Philipp Gut